VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Es ehrt Präsident Robert Reisinger (59), dass er in seiner sechseinhalbjährigen Amtszeit beim TSV 1860 auch mal Fehler eingesteht. Dass er Dr. Christian Werner nach dreimaligem Absagen als Sportchef und geleakten Mails ("Herr Dr. Werner erfüllt in unseren Augen nicht dem Anforderungsprofil und Kriterien, die wir von einem Geschäftsführer erwarten. Es braucht viel mehr als das von Hr. Dr. Werner vorgelegte Konzept"), nun als Sport-Geschäftsführer berufen will, begründet der Ober-Löwe gegenüber dem Fan-Portal "sechzger.de" so: "Die Ansicht im Präsidium über die fachliche Eignung von Dr. Christian Werner als neuer Geschäftsführer Sport hat sich verändert. Nach persönlichen Gesprächen und einer beeindruckend intensiven und detaillierten Analyse der sportlichen Situation durch den Kandidaten sind wir zur Auffassung gelangt, dass die Qualifikation gegeben ist. Eine einmal getroffene Annahme zu revidieren, weil neue Erkenntnisse zur Beurteilung herangezogen wurden, ist kein Zeichen von Schwäche." Eine Aussage, die aber auch dokumentiert: Bei den Löwen wird zunächst mit Emotionen entschieden, um sich dann mit der Personalie näher auseinander zu setzen. Werner wurde auch vom Verwaltungsrat gecastet.

Ob Dr. Werner angesichts der vielschichtigen Probleme im Sport jedoch der Mann ist, um die Löwen im Abstiegskampf der Dritten Liga zu retten, das ist vermutlich die große Angst, die die HAM-Seite beschäftigt. Deswegen hatte Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik zuletzt via “Sport Bild” den durchaus nachvollziehbaren Vorschlag gemacht, Dr. Werner zunächst als Sportdirektor einzusetzen, um ihn dann bei guter Arbeit in die nächste Ebene zu befördern. Damit ist Ismaik aber offenbar auf taube Ohren gestoßen. Der e.V. hält an seinem Plan fest, den Schwaben, der zuletzt ein Jahr als Chefscout für Waldhof Mannheim tätig war, sofort als Geschäftsführer zu berufen.

Worum geht es den Löwen eigentlich - um ein wohlüberlegtes Handeln mit einem groß angelegten Konzept oder doch in erster Linie um Macht?

Am Freitag ist die virtuelle Beiratssitzung, die Dr. Werner mit einer Mehrheit ins Amt heben hätte können, kurzfristig abgesagt worden - der Grund: Ein HAM-Vertreter wurde kurzfristig krank. Und weil sich die Löwen an ihre eigene Satzung halten müssen, die sie selbst entworfen haben, muss neu geladen werden. Das nächste Treffen auf dieser Bühne könnte sich jetzt noch mehrere Tage hinziehen.

Ist Robert Reisinger als Präsident des TSV 1860 noch tragbar?

Umfrage endete am 05.01.2024 06:00 Uhr
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Ja!
9% (538)

Teilnehmer: 6237

Das Problem: Jeder Tag, an dem an der Grünwalder Straße 114 nichts passiert, ist angesichts der schwierigen Lage ein verlorener Tag für die Löwen. Doch es gäbe prinzipiell Abhilfe: Das Präsidium könnte Geschäftsführer Pfeifer sofort anweisen oder 50+1 ziehen, Werner als Sportchef einzustellen - und dann könnten sie gemeinsam einen Jacobacci-Nachfolger präsentieren. Um die Weisung umzusetzen, bräuchte Präsident Reisinger die Stimme eines Vize-Präsidenten. Bei der Personalie Horst Heldt konnte sich Reisinger gegen seine Stellvertreter nicht durchsetzen - und das obwohl er einen Format-Löwen auf der Mitgliederversammlung versprochen hatte.

Warum der e.V. auf sein Weisungsrecht verzichtet und 50+1 nicht einsetzt, ist nicht bekannt. Übrigens: Seit der Trennung von Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel im Juni hatten die Löwen diese Optionen - und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit.