VON OLIVER GRISS

Der TSV 1860 gibt ein desaströses Bild in der Öffentlichkeit ab - und das liegt auch daran, dass man auf Seite des e.V. offenbar nicht akzeptiert, dass die Marken durch die Ausgliederung 2002 zu einem überwiegenden Teil an die KGaA übertragen worden sind und nur nach Rücksprache mit der KGaA kommerziell im Zusammenhang mit der Profifußballmannschaft benutzt und verwertet werden dürfen. Das db24-Interview mit Markenrecht-Experte Dr. Alexander Bayer zu diesem heiklen Thema, das die Fanszene spaltet:

db24: Herr Dr. Bayer, Sie vertreten mit ihrer Kanzlei Preu Bohlig & Partner die TSV 1860 München KGaA u.a. im Streit um die Löwen-Marken gegen den e.V. des TSV 1860: Worum geht es genau?

DR. ALEXANDER BAYER: Das Markenthema hat im Verhältnis zum e.V. viele Facetten. Was die konkrete Auseinandersetzung anbelangt, so hatte der e.V. ohne Absprache oder gar Einwilligung der KGaA schon in 2018 begonnen, eigenmächtig Marken anzumelden, die nahezu identisch bzw. hochgradig ähnlich zu den älteren, von der KGaA gehaltenen Marken waren. Das konnte die KGaA nicht zulassen, da hierdurch die eigenen Marken verwässert würden und auch mit den Anmeldungen immer die Gefahr mitschwingt, dass die Marken dann später vom e.V. auch kommerziell verwertet und benutzt werden. Und insbesondere letzteres ist weder im Interesse der KGaA noch des e.V., der von den Partnerverträgen sowie Sponsoren am Ende auch profitiert.

db24: Als Anwalt vertritt 1860-Beirat Nicolai Walch den e.V. - er soll im Jahr 2021 bereits Rechtsmittel gegen die zu Lasten des e.V. ergangenen Widerspruchsentscheidungen zu den Marken “1860”, “Sechzig München” und “60 München” eingelegt haben. Zu welchem Ergebnis kamen Amt und Gericht?

Wir hatten Widerspruch gegen die vorgenannten Markenanmeldungen des e.V. eingelegt, sprich die Löschung der Marken beantragt, was in allen Verfahren vollumfänglich vom Deutschen Patent- und Markenamt stattgegeben wurde. Dagegen hatte Herr Walch für den e.V. in zwei Stufen Rechtsmittel eingelegt, einmal beim Amt selbst - sogenannte Erinnerung - und zuletzt als Beschwerde beim Bundespatentgericht. Beide Male erfolglos. Sprich, die ursprünglichen Widerspruchsentscheidungen sind rechtskräftig, die Markenanmeldungen des e.V. werden gelöscht.

db24: Welche Kosten kommen für diese Streitereien ungefähr auf beide Seiten zu?

Nun, es fallen zunächst für alle Tätigkeiten des Deutschen Patent- und Markenamts Gebühren an. Das sind derzeit mindestens 300 Euro pro Marke. Wird dann ein Widerspruchsbescheid erlassen und Rechtsmittel dagegen eingelegt, kommen noch einmal 150 Euro an Amtsgebühren hinzu. Wird ein weiteres Rechtsmittel gegen die Erinnerungsentscheidung eingelegt, sind weitere 300 Euro an das Bundespatentgericht zu überweisen. Pro Marke musste der e.V. somit jedenfalls 750 Euro in die Hand nehmen. Was Herr Walch dem e.V. an Honorar in Rechnung gestellt hat, ist mir nicht bekannt.

db24: Warum kann man das nicht “intern” regeln? Sind das möglicherweise Ego-Trips, die hier gefahren werden?

Ich habe in den letzten Jahren mehrmals versucht, das Markenthema einvernehmlich mit dem e.V. und der Merchandising zu regeln. Es gibt dazu auch einen Entwurf einer entsprechenden Vereinbarung. Wir saßen dazu bereits auch zusammen mit allen Beteiligten und es gab zahlreiche Telefonate. Am Ende des Tages sah ich aber kein wirkliches Interesse beim e.V., hier eine allseits verträgliche Lösung herbeizuführen. Was da konkret dahintersteckt, da bin ich überfragt. Wirtschaftlich betrachtet macht das Verhalten des e.V., konkret die Anmeldung von Parallel-Marken und entsprechende streitige Verfahren, für mich keinen Sinn.

db24: Aktuell geht es um das Verfahren “Wir sind der Verein”: Wie ist der aktuelle Stand?

Hier hatte der e.V. bereits im Juni 2022 versucht, eine Marke anzumelden, was jedoch schon im Anmeldeprozess scheiterte. Zur Info, wenn eine Markenanmeldung zurückgewiesen wird – warum auch immer – gibt es keine Marke, die Anmeldegebühr ist jedoch weg. Die Nachanmeldung im Oktober 2022 wurde im März 2023 eingetragen, wogegen wir für die KGaA auftragsgemäß Widerspruch eingelegt haben. Sowohl das Löwenlogo als auch der Schriftzug „1860 München“ verletzt die älteren Markenrechte der KGaA. Das Verfahren läuft noch.

db24: Mitglieder und Fans bekommen immer wieder ein falsches Bild gezeichnet, dass die KGaA das schwarze Schaf im Löwen-Kosmos sei. Hat das aus Ihrer Sicht System?

Das Bild ist in der Tat falsch. Was konkret hinter einer Berichterstattung steckt, die nur äußerst einseitig und lückenhaft über das Wirken der KGaA skizziert, kann ich mir nicht erklären. Persönlich finde ich es extrem schade und unnötig. Fakt ist, dass es einen wirtschaftlichen Arm der Löwen braucht, damit hier auch der e.V. so schalten und walten kann, wie er soll. Das gerät – nicht zuletzt durch einseitige Berichterstattung – insbesondere bei den Fans gerne in den Hintergrund.

db24: Auch Ihre Kanzlei, die sich beim “Bündnis Zukunft 1860” engagiert, wurde zuletzt von einem Fanportal “angezählt”…

Das war ein aus meiner Sicht untauglicher Versuch, die Mitglieder dieses Bündnisses, konkret unsere Kanzlei, zu diskreditieren. Das hat man mit der Darstellung von unvollständigen Fakten versucht. Das Portal hat deswegen auch schon Gelegenheit von mir eingeräumt bekommen, die dort über unsere Kanzlei getroffene lückenhafte Aussage zu berichtigen und klarzustellen.

db24: Gibt es vergleichbare Fälle im deutschen Fußball, dass innerhalb eines Klubs um die Markenrechte gefeilscht wird und obendrein der e.V. eigene Merchandising-Produkte mit dem Löwen konträr zur Fußballfirma vertreibt?

Das ist mir nicht bekannt. Leider scheinbar ein Alleinstellungsmerkmal der Löwen.

db24: Können Sie uns eine Kennzahl nennen, welcher Schaden der KGaA/Merchandising bislang mit der Verwendung des Logos inklusive der Nennung “Wir sind der Verein” entstanden ist?

Dazu kann ich derzeit keine Aussage treffen.