VON OLIVER GRISS

Seit Wochen wird getuschelt: Es soll bei 1860 eine neue Vereinigung kommen, die mit der kruden Vereinspolitik des Drittligisten nicht zufrieden sein soll. Mehrere Sponsoren und Fans sollen sich zusammengeschlossen haben, darunter als prominentester Partner Hauptsponsor "Die Bayerische". Der Name der Gruppierung: BündnisZukunft1860. Heute ab 9 Uhr stellt sich "BZ1860" in einer Zoom-PK der Presse vor. Was verspricht das Bündnis? Der mögliche Plan: Die Mobilisierung der Löwen-Familie.

Der Kurs der Vereinigung: “Das BündnisZukunft1860 ist eine Plattform, die von treuen und langjährigen Unterstützern des TSV 1860 gegründet wurde. Das Bündnis verfolgt das Ziel, den Verein inhaltlich und strukturell entscheidend voranzubringen. Dabei setzt das BündnisZukunft1860 auf eine enge und konstruktive Zusammenarbeit mit dem TSV 1860 München mit den bestehenden Entscheidungsgremien sowie dem Investor”, schreiben die Gründer über sich selbst.

Der erste Ärger: Das Fanportal “Löwenmagazin hatte vor einigen Tagen den Fokus auf Hauptsponsor “Die Bayerische” gerichtet und geschrieben: “Mit einem Bündnis Zukunft TSV 1860 München versucht man die neue Stimme der Vernunft zu werden. Auf Anfrage des Löwenmagazins versucht man zwar zu beschwichtigen und zu erklären, man sei nur Teil dieses Bündnisses und könne die Antworten nicht direkt geben. Die damit verbundene Power Point Präsentation kommt jedoch eindeutig aus der medialen Denkfabrik des Hauptsponsors. Auf den Folien prangt überall das Logo der Bayerischen. Martin Gräfer, der Kopf des Bündnis’ Zukunft, beauftragte dabei wohl auch den Marketing Manager der Versicherung für die Erstellung der Präsentation. Zu sehen in den Daten der PDF-Datei. Die eigene Presseabteilung ist zudem Ansprechpartner für das Bündnis Zukunft. Eindeutiger geht es nicht. Da kann man sich auch als Hauptsponsor nicht wegducken.” Das Dementi der Neuperlacher Versicherung: “Das von Ihnen beschriebene, geplante Bündnis ist weder alleine von die Bayerische erdacht, noch initiiert oder vorangetrieben. Auch die inhaltliche Ausgestaltung ist eine Gemeinschaftsarbeit mehrerer. Zudem übernimmt die Bayerische auch nicht die Pressearbeit des Bündnisses. Dies haben wir Ihnen bereits mitgeteilt und bitten nochmals darum, nicht weiter falsche Informationen zu verbreiten.”

Die Macht des Verwaltungsrats: Das Neunergremium castet bei 1860 den Präsidenten - und schlägt laut Satzung dann nur einen Kandidaten der Mitgliederversammlung vor. Dieses Gremium, in dem viele Hardliner sitzen, ist das Machtzentrum bei den Löwen. Nach dem Doppelabstieg 2017 schrieb der damalige VR-Boss Dr. Markus Drees eine pikante Email an seine Kollegen mit der Ankündigung der “Nadelstichpolitik” gegen Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Diese Politik ist vielen vernünftigen Löwen ein Dorn im Auge - das Ergebnis seit 6,5 Jahren ist bekannt: Der Verein ist zerstritten wie noch nie, die Außendarstellung eine Katastrophe. Der Verwaltungsrat hält trotzdem an Präsident Robert Reisinger fest, sprach ihm zuletzt erneut das Vertrauen aus.

Die Wildcard: Die HAM-Seite hat seit dem Einstieg 2011 die Möglichkeit, einen Kandidaten nach ihrem Gusto in den Verwaltungsrat zu schicken, jedoch ohne Stimmrecht. Warum Hasan Ismaik bislang nicht davon Gebrauch gemacht hat, ist nicht bekannt.

die kommenden Wahlen: Im Sommer 2024 läuft die Amtszeit des aktuellen Verwaltungsrats um die Köpfe Sascha Königsberg, Nicolai Walch, Robert von Bennigsen & Co. ab. Von Bennigsen gilt als der Platzhirsch. Er ist seit 2008 in diesem Gremium mit dabei. Bisher ist nicht bekannt, dass einer aus diesem Neuner-Feld aufhören will. KGaA-Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris, früher u.a. Aufsichtsrat bei Weltkonzern VW, will ins Gremium zurück. Schnappatmung bei einigen Herrschaften. Er wird seit Monaten aus einer bestimmten Richtung bekämpft.

die letzte Opposition: Das “Team Profifußball”, das 2018 in einem Neunerblock angetreten war und scheiterte, gibt es nicht mehr: Nach db24-Informationen hat keiner der damaligen Kandidaten heute noch Ambitionen nochmal anzutreten, darunter auch Kult-Löwe Bernhard Winkler - der Grund: Keiner will sich mehr beleidigen lassen.

das Interesse der db24-Leser im Vorfeld: Weit über 200 Zuschriften sind in unserer Redaktion in den letzten Tagen eingegangen, um mit der Vereinigung connected zu werden. Die Tendenz ist klar: Mitmachen, um 1860 anders aufzustellen! Einer schreibt beispielsweise: “ich bin seit meiner Kindheit Löwen-Fan und begleite den Verein seit nun über 40 Jahre mit voller Leidenschaft. Die momentane Entwicklung und die Außendarstellung - insbesondere von der Vorstandschaft des Vereines - ist nicht mehr tragbar. Gerne würde ich das Bündnis 1860 unterstützen. Meines Erachtens ist das eine letzte Chance eine positive Wende herbeizuführen.” Und ein anderer db24-Leser schreibt: “Das Bündnis ist für mich Hoffnung, dass es dem TSV 1860 München in nächster Zeit bald wieder besser gehen wird als in den letzten 6,5 Jahren. Was in dieser Zeit im Verein abgelaufen ist, ist im deutschen Fußball einmalig.”