VON OLIVER GRISS

Dass Michael Köllner in der Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag an der Grünwalder Straße 114 nicht so recht über sein persönliches Erlebnis im Signal Iduna Park sprechen wollte, ist irgendwie verständlich. Wir haben in der Datenbank nachgeforscht, warum er nicht näher darüber sprechen wollte: Am 26. September 2018 kassierte der Oberpfälzer mit dem Club vor 75.700 Zuschauern eine niederschmetternde 0:7-Packung beim BVB. Das verschweigt man lieber als alte Wunden aufzubrechen. Höher hat Köllner als Cheftrainer in seiner Karriere nie verloren.

Am Samstag kehrt Köllner als Trainer in die imposanteste Fußball-Kathedrale Deutschlands zurück. Kein Stadion in Deutschland ist wuchtiger und lauter als das ehemalige Westfalenstadion, in keiner Spielstätte gehen die Stufen steiler nach oben als in der BVB-Heimspielarena - in keine Kurve passen mehr Menschen als auf die Südtribüne.

Welche Stadion-Variante favorisieren Sie als Löwen-Fan?

Umfrage endete am 13.10.2022 21:00 Uhr
Stadion-Neubau mit Hilfe von Investoren
80% (5007)
Rückkehr ins Olympiastadion (deutlich mehr Plätze, tolle Infrastruktur, kein Lärmproblem - aber schlechte Sicht)
12% (731)
Grünwalder Stadion-Umbau auf 18.105 Plätzen (rund 80 Millionen Euro Kosten, ohne Bundesliga-Lizenz!)
8% (524)

Teilnehmer: 6262

Diesmal ist der Gegner für Köllner nicht das Starensemble des BVB, sondern die krisengeplagte U23 der Dortmunder. Alles ist am Samstagnachmittg logischerweise ein paar Nummern kleiner. Mehr als 4000 Fans werden sich am Ende vermutlich nicht im Signal Iduna Park einfinden, auch weil am selben Tag in der Bundesliga der 1. FC Köln die Borussia empfängt und dieses Spiel natürlich im Zentrum des Interesses steht.

Aber nicht aus Löwen-Sicht: Sechzig darf nach gefühlt einer halben Ewigkeit endlich mal wieder in einem echten Bundesliga-Stadion spielen - für viele Spieler des TSV wird das möglicherweise ein einmaliges Erlebnis. Nicht nur Verlaat & Co. werden beim Betreten dieser Arena ihren persönlichen Gänsehaut-Moment haben und möglicherweise ihr Smartphone für Erinnerungsfotos zücken, sondern auch die leidgeprüften Löwen-Fans. Die Blauen in Dortmund - da werden Sehnsüchte bei vielen Fans geweckt. Das klingt nach großer Fußball-Kultur - und nicht nach Ampfing oder Buchbach. Zuletzt hat 1860 am 16. August 2003 um Bundesliga-Punkte bei den Gelbschwarzen gespielt - und mit 1:3 verloren. Francis Kioyo erzielte in der 87. Minute vor über 75.000 Fans das Ehrentor. Aber die Löwen haben auch ein paar Mal in Dortmund gewonnen - zuletzt am 6. September 2000 nach einem Agostino-Doppelpack mit 3:2. Natürlich war ich damals bei beiden Spielen für die AZ dabei. Zuletzt saß ich als WM-Reporter beim Sommermärchen 2006 gegen Polen (1:0) und dem späteren Weltmeister Italien (0:2) auf der Pressetribüne - es war ohrenbetäubend laut. Das sind schöne Erinnerungen.

Mit einem Sieg gegen die BVB-Reserve vor weit über 2000 eigenen Fans könnten die Löwen jetzt nicht nur ihre gute Platzierung in der Dritten Liga untermauern, sondern einen weiteren Schritt in den großen Fußball machen.