db24: In eine Münchner Tradition sind Sie ja in den letzten Tagen bereits eingetaucht: Das Oktoberfest. Wie war Ihre Premiere?

In Bremen hatten wir im Oktober den Ischa Freimaak - mit zwei Zelten, das Bayern-Zelt und das Hanse-Zelt. Wenn man im Zelt ist, könnte man sich vorstellen, dass man überall sein kann. Aber als ich das erste Mal aufs Oktoberfest draufgelaufen bin und rund 80 Prozent in Tracht gesehen habe, war ich schon überrascht. Ich habe mich früher als kleines Kind immer darüber lustig gemacht und gesagt: “Nein, eine Lederhose ziehe ich nie an!” Jetzt wirst du mit eigener Lederhose ausgestattet und gehst mit der Mannschaft in Tracht aufs Oktoberfest. Ja, ich muss schon sagen: Das hat Charme! Die Wiesn ist schon was ganz Großes!

db24: Groß ist auch, während der Wiesn als Münchner Traditionsverein erfolgreich zu sein. Die Löwen stehen in der Dritten Liga auf Platz 2 - punktgleich mit Tabellenführer Elversberg. Wie sieht Ihre persönliche Start-Bilanz aus?

Ich glaube, besser kann man in eine Saison nicht starten. Dass mal eine Niederlage wie in Elversberg kommt, war klar. Vorher hatten wir immer das Spielglück auf unserer Seite. In Elversberg hat nichts gepasst - und viele Spieler waren an diesem Tag nicht auf ihrem Niveau. Dann wird’s natürlich schwierig. Aber ich verliere lieber einmal mit 1:4 in dieser Deutlichkeit als einmal mit 0:1 unglücklich. Nach dieser Niederlage in Elversberg habe ich mich schon ein bisschen geschämt, sie hat uns aber auch geerdet: Wir sind alle wieder auf dem Boden angekommen. Das gehört zum Entwicklungsprozess dazu. Für uns war es wichtig, dass wir direkt danach gegen Aue wieder einen Sieg nachlegen - egal wie. Und genau das ist uns gelungen. 

db24: Nach welchem Ergebnis sagen Sie: “Ja, ich habe heute einen guten Job gemacht!” - nach einem 1:0 oder 4:3?

Das 4:3 in Dresden hat sich genauso gut angefühlt wie das 1:0 beim SC Verl. Auch das Auer Tor beim 3:1 geht in die Statistik ein - das nervt mich dann schon als Abwehrspieler. Am liebsten spiele ich natürlich zu Null.

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db24: Sie hatten vorhin das Spielglück, das in der bisherigen Saison oft auf Seite der Löwen lag, angesprochen: Wie weit ist die Mannschaft wirklich schon?

Ich habe das Gefühl, dass wir noch nicht sagen können: Es läuft schon wie geschmiert. So weit sind wir noch nicht. Aber von Partie zu Partie merkt man immer mehr, dass unsere Spielphilosophie von jedem einzelnen immer mehr verinnerlicht wird. Das ist das Geile an diesem breiten Kader: Jeder kommt zum Einsatz. Jeder bekommt seinen Moment, wo er heraussticht. Das gibt einem Selbstvertrauen, wenn man weiß: Jetzt kommt gleich einer rein, der kann was reißen. Das ist in der dritten Liga nicht selbstverständlich, dass du hinter den ersten 11 Startplätzen so eine Qualität hast, um dem Spiel eine Trendwende zu geben. Was das Gute ist: Wir sind noch nicht ausgeschöpft - vom Fußballerischen und von der Überzeugung her. Wir können vor allem auswärts noch einen großen Schritt machen. Vielleicht ist es ganz gut, dass wir am Anfang nicht die besten Spiele machen, aber trotzdem unsere Punkte holen. Und hintenraus gut auftreten und gewinnen.

db24: Warum ist die Energie so positiv innerhalb der Mannschaft?

Ich glaube, da haben Trainer Michael Köllner und Geschäftsführer Günther Gorenzel ein gutes Scouting gemacht. Man hat nicht nur gute Sportler geholt, sondern auch Menschen, die wissen, worauf es im Fußball ankommt. Das Einzige, was ein Team kaputt machen kann, ist, dass man sich Erfolg nicht gegenseitig gönnt. Bei uns freut sich jeder für den anderen, auch wenn er mal draußen sitzt - dem großen Ziel wird alles untergeordnet. Ich glaube, da haben wir eine gute Mischung. 

db24: Beim 1:1 in Köln wurden Sie in der Schlußphase zum Mittelstürmer umfunktioniert - und trafen vier Minuten vor dem Ende zum Ausgleich. War das einer Ihrer besonderen Momente?

Wenn man einen Lauf hat, dann hat man einen (lacht). Ich will ja immer Tore schießen, aber als ich dann in den Sturm beordert wurde, hat sich noch mehr das Gefühl entwickelt: Heute bin ich dran! Unausgesprochen vom Trainer wusste ich, dass ich liefern muss. Ich bin aber auch glücklich, wenn Fynn Lakenmacher einen Dreierpack gegen Aue macht. Meine Hauptaufgabe bleibt das Tore verhindern - und wenn ich mal vorne einen Ball über die Linie drücken darf, dann nehme ich das gerne mit. 

db24: Ihr Vater Frank Verlaat war in der Bundesliga eine positive Erscheinung beim VfB Stuttgart und Werder Bremen: Was haben Sie von ihm?

Uns kann man nicht vergleichen, würde ich jetzt nicht sagen. Mein Vater war der Filigrane, der mit Auge seine Position als Abwehrspieler interpretiert hat. Er machte ja auch die Ajax-Schule mit. Er hatte neben sich immer einen Wadlbeißer - auf gut Deutsch gesagt.

db24: Im Winter 2003, wenige Monate bevor die Löwen in die Zweite Liga abstiegen, verhandelte ihr Vater mit dem TSV 1860. Warum hatte sich dieser Deal zerschlagen?

Mit einem Zwinker-Smiley hat er einmal gesagt: “Die Löwen haben mir zu wenig geboten.” Nein, er wollte einfach noch mal einen langfristigen Vertrag. 1860 hatte mit ihm aber nur über einen Einjahres-Vertrag gesprochen. Er fühlte sich fit - und dann ist er nach eben nach Österreich gewechselt: Für Austria Wien und Sturm Graz hat er noch mehrere Jahre in der Bundesliga gespielt. 

db24: Lassen Sie uns über die Wucht des TSV 1860 sprechen. Wie fühlt es sich an für diesen Verein zu spielen?

Ich kenne noch die Bundesliga-Zeit von meinem Vater - und ich habe früher natürlich wie jeder kleine Junge auch die Playstation gespielt. Der TSV 1860 hat einfach eine gewisse Strahlkraft. Als ich meinen Vertrag unterschrieben habe, war mir bewusst, für welchen Verein ich jetzt spielen und welches Trikot ich tragen darf. Das fängt schon beim Wappen an. Gibt es ein geileres Wappen im deutschen Fußball als den Löwen? Das ist schon alles Wahnsinn! Als bekannt wurde, dass ich zu den Löwen wechsle, haben mir viele Leute geschrieben, die sich Jahre nicht bei mir gemeldet hatten. Sie haben mir Glück gewünscht zu diesem geilen Verein. Meine Mutter und ich telefonieren täglich. Sie hat mir dann erzählt, dass heute mal wieder einer in ihrem Restaurant in Portugal an der Praia de Luz war und sagte: “Wow, dein Sohn spielt bei 1860…” Die Leute kennen diesen Verein einfach.