VON MARCO BLANCO UCLES UND ULI WAGNER (FOTO)

13 Gelbe Karten, zwei Platzverweise - ein trauriger Drittliga-Rekord, der am Freitagabend im Grünwalder Stadion gegen Halle (3:1) aufgestellt wurde. Schiedsrichter Steven Greif war mit der Partie völlig überfordert (db24-Note: 6). Für “liga3-online” blickt der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati Woche für Woche auf die strittigen Szenen der Drittliga-Spiele. Der 52-Jährige hat die beiden Platzverweise sowie die Elfmeter-Situation vor dem 3:1 für 1860 unter die Lupe genommen.

Gelb-Rote-Karte für Halles Tunay Deniz: “Deniz geht in den Zweikampf und trifft beziehungsweise touchiert Lex am Bein/an der Wade. Dieses Foulspiel, das weit in der gegnerischen Hälfte passiert, ist ein Allerweltsfoul, sodass überhaupt keine besondere Schwere des Vergehens vorliegt. Hier hätte lediglich eine Freistoßentscheidung ausgereicht. Eine Fehlentscheidung, für dieses Vergehen eine gelbe Karte, die in der Folge zu einer gelb-roten Karte führt, auszusprechen. Neben der Fehlentscheidung in der Einzelszene kann sich ein Schiedsrichter mit dieser engen beziehungsweise kleinlichen Spielführung selbst unter Druck bringen und fördert zudem nicht unbedingt ein Fußballspiel.”

Rote Karte für Sechzigs Tim Rieder: “Im Mittelfeld geht Rieder mit gestrecktem Bein und offener Sohle gegen Gayret in den Zweikampf und trifft ihn am Schienbein. Auch wenn der Treffer nicht sehr intensiv ist, liegt eine mögliche Gefährdung der Gesundheit des Gegenspielers vor, sodass die rote Karte vertretbar ist. Vertretbar deshalb, da die Intensität des Treffers eher leicht ausfällt. Das kann ein Schiedsrichter im normalen Ablauf aber überhaupt nicht einschätzen. Zudem sollten Spieler – unabhängig von der vertretbaren Entscheidung – immer im Hinterkopf haben, dass wenn gegen den Gegner eine rote Karte gezeigt wurde, ein Schiedsrichter das weiß und entsprechend eher dazu neigt, eine numerische Gleichheit herzustellen. Auch wenn Fans das nicht gerne hören, ist das ein ungeschriebenes Gesetz der Spielführung.”

Elfmeter für 1860, den Boyamba zum 3:1 verwandelt: “Reddemann springt gegen Boyamba per Grätsche in den Zweikampf zum Ball, blockt zuerst das Spielgerät, trifft allerdings unmittelbar danach mit seinem Nachziehbein den Angreifer in die Beine und bringt ihn dadurch zu Fall. Auch wenn der Ball zuerst geblockt wird, ist das noch kein Freifahrtschein, das Foulspiel nicht in die Bewertung des Zweikampfes mit einfließen zu lassen und es nicht zu ahnden. Somit ist nicht maßgeblich, ob der Ball zuerst gespielt wurde, sondern die Beurteilung des gesamten Ablaufes im Zweikampf. Hätte Reddemann den Ball klar weggespitzelt, dem Spielgerät eine klare Richtungsänderung gegeben und erst dann Boyamba mit dem Nachziehbein getroffen, wäre der Ball für den Angreifer nicht mehr spielbar und somit wäre Weiterspielen zu lassen die richtige Entscheidung gewesen. Dadurch, dass der Ball in diesem Fall aber nur geblockt wird, wäre das Spielgerät für Boyamba noch spielbar gewesen, wenn er eben nicht getroffen und von den Beinen geholt worden wäre. In der Summe ist das ein Foulspiel, und es liegt eine richtige Entscheidung vor, einen Elfmeter für 1860 München zu pfeifen.”