VON FABIAN ROSSMANN

Vor der zweiten Pokalrunde stellt sich Trainer Jens Härtel (43) von Löwen-Gegner Berliner AK dieblaue24 

dieblaue24: Herr Härtel, wie oft denken Sie noch an den 4:0-Sieg über 1899 Hoffenheim in der ersten Pokalrunde?

Jens Härtel: Eigentlich nicht mehr so oft. Jetzt, wo das nächste Spiel gegen Sechzig ansteht, ist es natürlich noch mal hochgekommen. Aber nein, dafür ist der Alltag viel zu wichtig und das fordert die ganze Aufmerksamkeit. Da kann man sich nicht lange an dem einen Spiel aufhalten.

dieblaue24: Jetzt kommt 1860 nach Berlin. Sind Sie zufrieden mit dem Los oder hätten Sie sich lieber wieder einen Erstligisten gewünscht?

Für uns wäre natürlich ein Berliner Derby schön gewesen, zumal es eben ein Abendspiel ist. Da werden auch nicht so viele Fans aus München mitkommen. Und das fehlt den Jungs noch ein bisschen: Ein Spiel mit richtig vielen Zuschauern.

dieblaue24: Sie waren beim Spiel der Löwen bei Hertha BSC mit dem halben Verein im Stadion. Wie oft haben Sie 1860 insgesamt beobachtet?

Live habe ich sie zweimal gesehen. Ich war in Cottbus und wie gesagt beim Spiel gegen Hertha. Und am Fernseher habe ich das Spiel gegen Aue angeschaut.

dieblaue24: Und? Wie stark schätzen Sie die Löwen ein?

Sehr stark. Also die Löwen haben eine brutal hohe Qualität, gerade im Offensivspiel mit Lauth, Halfar, Stoppelkamp und Bierofka. Da sind sie sehr schwer auszurechnen, sind immer in der Lage auch in engen Räumen sehr guten Fußball zu spielen. Das ist eine Top-Mannschaft, die nicht umsonst an der Tür zur ersten Bundesliga anklopft.

dieblaue24: Wie groß ist die Vorfreude im Umfeld auf das Pokalduell am Dienstagabend?

Natürlich groß. Wir hatten am vergangenen Donnerstag eine Pressekonferenz, da waren unheimlich viele Medienvertreter da. Und auch der Verein freut sich. Das letzte Erreichen der zweiten Runde eines Berliner Amateurvereins ist glaube ich 1993 gewesen, als die Hertha-Bubis bis ins Finale gezogen sind. Es ist schon eine große Vorfreude auf dieses Spiel da.

dieblaue24: Nach nur einem Punkt aus den letzten drei Spielen kommen angeschlagene Löwen nach Berlin. Wie hoch schätzt ihr eure Chance ein?

Die Chance sehe ich bei maximal drei Prozent. Wir haben uns auch sehr schwer getan in unserem Pflichtspiel (1:1 gegen Germania Halberstadt, Anm. d. Red.). Wir tun uns generell sehr schwer mit dem Tore schießen, haben bis jetzt sieben Tore gemacht. Das ist schon ein Highlight und wir hoffen, dass wir hin und wieder Nadelstiche setzen können. Wir wollen den Löwen alles abverlangen, damit sie nicht nur nach Berlin kommen, hier einen leichten Spaziergang absolvieren und danach wieder nachhause fahren. Sondern wir wollen uns als Mannschaft und Verein ordentlich präsentieren und es ihnen so schwer wie möglich machen. Und wenn es dazu reicht und wir sie ein bisschen ärgern können, wäre es umso schöner für uns.

dieblaue24: Die Löwen haben derzeit Probleme im Angriff. Nur ein Tor in den letzten drei Spielen, in Cottbus nicht eine echte Torchance. Das System von Trainer Reiner Maurer scheint nicht ganz aufzugehen. Wo sehen Sie Schwächen bei 1860?

Man hat ja gesehen, wie es Aue gegen 1860 gemacht hat. Sie haben sehr hoch verteidigt und sehr früh angelaufen. Da waren die Löwen in der Spieleröffnung gezwungen mit langen Bällen zu agieren. Aber das ist nicht das, was Halfar, Stoppelkamp und Lauth vorne brauchen. Nur mit Bällen, die in der zweiten Etage ankommen, wird es schwer für sie, konstruktive Torchancen rauszuspielen und Tore zu machen. Und da haben sie bis jetzt noch nicht den Lösungsweg gefunden, aber sie werden daran jetzt auch arbeiten. Sie haben ja auch gute Leute im Umfeld, ein ordentliches Trainerteam. Die werden schon erkennen, dass sie da ein bisschen variabler sein müssen.

dieblaue24: Die Unterschiede zwischen zweiter und vierter Liga sind gewaltig. Grigoris Makos allein besitzt einen höheren Marktwert als ihr gesamter Kader. In welchem finanziellen Rahmen bewegen Sie sich im Bezug auf Gehalt, Ablösesummen etc.?

Ablösesummen können wir generell nicht bezahlen, das ist nicht drin. Wir haben sogar einen Transferüberschuss erzielt im Sommer, haben einen Spieler nach Aserbaidschan abgegeben und einen in die zweite türkische Liga. Davon lebt halt der Verein, dass er versucht Spieler zu entwickeln, die man dann eventuell verkaufen kann. Gerade in Richtung Türkei. Aber ansonsten ist kein Geld für Neuverpflichtungen da. Wir waren an ein paar Kandidaten dran, haben viel versucht im Sommer und das Wenigste hat funktioniert. Die meisten sind dann eben doch zu anderen Vereinen gegangen, weil sie da einfach mehr Geld verdienen als bei uns.

dieblaue24: Wie wichtig wäre das Geld für das Erreichen der nächsten Runde für den Verein?

Das würde dem Verein natürlich Ruhe fürs nächste Jahr geben, da könnte man in aller Ruhe planen, vielleicht hier und da ein bisschen mutiger sein. Aber überlebenswichtig ist es nicht. Schon mit dem Erreichen der zweiten Runde ist der Verein so aufgestellt, dass er sich in diesem Jahr überhaupt keine Sorgen machen muss.

dieblaue24: Für Ihren Trainerkollegen Reiner Maurer könnte es bei einer Niederlage richtig ungemütlich werden. Beschäftigen Sie sich mit der Situation Ihres Gegenübers?

Nein, das ist nicht meine Aufgabe. Ich beschäftige mich mit der Mannschaft und mit dem, was wir eventuell dagegensetzen können. Wir haben genug zu puzzeln bei unserem Kader, der viele Verletzte hat. Aber das ist das Geschäft, das weiß Reiner Maurer auch selbst. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, kommt sofort Unruhe auf. Aber gut, manchmal motiviert das eine Mannschaft auch, noch ein paar Prozent mehr zu geben, je nachdem wie ihr Verhältnis zum Trainer eben ist. Aber dafür bin ich viel zu weit weg, um das einschätzen zu können.

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