VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

1860-Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik hatte zuletzt die Rentabilität des Grünwalder Stadions wiederholt in Frage gestellt. Die Westkurve, das Herzzentrum der Fans, hatte das erneut als Affront gegen sich empfunden. Dabei hat der Jordanier nur das gesagt, was alle längst wissen: Die Kultstätte ist natürlich altes deutsches Fußball-Kulturgut, aber auch eine Ruine, die nicht wirtschaftlich ist.

Diese These unterstreicht jetzt auch die “Süddeutsche Zeitung”, die in ihrer Samstagsausgabe fragt: “Ist das Grünwalder Stadion eine Geldvernichtungsmaschine im Gewand eines Kulturguts?” 1860 fehlt laut internen Rechnungen im Liga-Vergleich rund 1,7 Millionen Euro pro Saison. “Diese 1,7 Millionen Euro entsprechen zufällig nahezu exakt dem jährlichen Defizit, das wir erwirtschaften”, erklärt Geschäftsführer Marc Pfeifer gegenüber der “SZ”.

Allein die VIP-Alm kostet den Löwen allein 190.000 Euro pro Saison. Die LED-Bandenwerbung im Grünwalder Stadion verursacht Kosten in Höhe von mehr als 100.000 Euro pro Saison - der Grund ist die mangelhafte Stromversorung in der Kultstätte. Die Akku-Module müssen nach jedem Spiel ins rund 100 Kilometer entfernte Lager gebracht werden, da das Stadion keine Lagerräume bietet.

Über 300.000 Euro müssen die Löwen jährlich an den MVV zahlen. Die Löwen wollten die Verkehrsbetriebe im Preis drücken. Doch ohne Erfolg. Im Gegenteil: Nun stieg der Preis pro Zuschauer zur neuen Saison nochmals um acht Cent.

Pfeifer ist vor dem Saison-Heimdebüt gegen Oldenburg (heute, 14.03 Uhr, db24-Ticker) enttäuscht über das ausbleibende Entgegenkommen der Stadt München: “Trotz Einbindung aller Entscheider, vieler Gespräche und mehrfacher Ausführung der Argumente hat die Stadt für die neue Spielzeit die Mietkonditionen erneut nicht angepasst.”

Was Pfeifer meint: Die Löwen wollten bis zuletzt die Miete reduziert haben und weigerten sich, den neuen Mietvertrag zu unterschreiben. Die “SZ” dazu: “Drei Tage vor dem Spiel gegen Oldenburg fühlte er sich nun allerdings von der Stadt dazu genötigt. Er erhielt ein Schreiben mit der Ankündigung, die Partie werde sonst wegen Haftungsfragen nicht dort stattfinden. Für das Pokalspiel gegen Borussia Dortmund war ein separater Vertrag aufgesetzt worden.” Hätte Pfeifer nicht unterschrieben, hätte 1860 seine Drittliga-Partie absagen müssen.

Ist das marode Grünwalder Stadion eine Geldvernichtungsmaschine?

Umfrage endete am 19.08.2022 22:00 Uhr
Ja!
89% (2006)
Nein!
11% (243)

Teilnehmer: 2249

Wie geht’s jetzt weiter? Die Opposition im Rathaus hält (noch) zu den Löwen. “Die Landeshauptstadt sollte dem TSV 1860 bei den Konditionen entgegenkommen und zur Möglichkeit einer Mietminderung transparent Auskunft geben”, teilte Manuel Pretzl, der Fraktionsvorsitzende von CSU und Freie Wähler, gegenüber der “SZ” mit: “Es kann nicht sein, dass vonseiten der Stadtregierung immer suggeriert wird, es werde verhandelt, dies aber aus Sicht der Vereine gar nicht der Fall ist.”

Doch eines muss man bei allen Diskussionen immer wieder bedenken: Der Weg von der Allianz Arena zurück ins marode Grünwalder Stadion war im Sommer 2017 selbst gewählt. Präsident Robert Reisinger damals kurz nach dem Zwangsabstieg: “Mir ist nur wichtig, dass es mit dem Auszug klappt. Einen Präsidenten Reisinger hätte es in der Allianz Arena nicht gegeben.” Der Unternehmensberater war treibende Kraft für den Umzug ins Grünwalder Stadion ohne Rückfahrkarte, Markus Fauser setzte das als Interims-Geschäftsführer um.

Langsam registriert der Verein aber, dass dieser Schritt der Weg in eine finanzielle Sackgasse war. Der TSV 1860 stößt finanziel an seine Grenzen. Kein Wunder also, dass die Löwen auch die teuersten Dauerkartenpreise in der Dritten Liga haben - ihnen bleibt auch kein anderer Ausweg.