VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Geschäftsführer Marc Pfeifer und Vize Hans Sitzberger, die prinzipiell ganz eifrige Testspiel-Fahrer sind, standen beide auf der Akkreditierungsliste für das Vorbereitungs-Highlight gegen Newcastle United (0:3). Das 1860-Präsidium wurde vom Stadionsprecher kurz vor dem Anpfiff über die Lautsprecher-Anlage sogar offiziell begrüßt - doch die Herren konnten dies nicht hören: Das Präsidium glänzte im österreichischen Saalfelden mit Abwesenheit. Auch Pfeifer tauchte - anders als Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel - nicht auf. Er hatte laut Pressesprecher Rainer Kmeth “andere Termine”. Immerhin war von e.V.-Seite Beiratsmitglied Nicolai Walch auf der Tribüne zu sehen; von der Ismaik-Seite Anthony Power.

Ober-Löwe Robert Reisinger hatte die Generalprobe gegen den Verein, der zu 80 Prozent Saudi-Arabiens Staatsfonds gehört, bereits im Vorfeld boykottiert: “Ich werde dem Spiel jedenfalls fernbleiben. Gegen Newcastle spielt man nicht freiwillig. In Saudi-Arabien werden Menschenrechte und die Rechte der Frauen mit Füßen getreten und Homosexuelle für ihre Sexualität bestraft.“

In der Saalfelden-Arena, in der rund 900 Fans den letzten 1860-Härtetest verfolgten, kam es erfreulicherweise zu keinen Zwischenfällen. Weder wurde ein Protest-Plakat ausgerollt, noch kam es zu irgendwelchen Schmäh-Gesängen. Die Anhänger konzentrierten sich voll und ganz auf den Sport - ebenso die Fußballfirma des TSV 1860. Kapitän Stefan Lex trug die gelbe Kapitänsbinde - und nicht die mit den Regenbogen-Farben.Der Mannschaftsrat hatte zwar darüber diskutiert, aber sich letztlich dagegen entschieden. Die “BILD” schrieb in ihrer Samstagsausgabe: “Eine vertane Chance.” Die “SZ” vermutet, dass die geringe Zuschauerzahl - wohlgemerkt zur ungünstigen Anstoßzeit am Freitagnachmittag im 2,5 Stunden entfernten Saalfelden - mit dem Protest gegen den aus Saudi Arabien finanzierten Gegner zu tun hatte. Richtig ist, dass die Tests gegen Ried (1:1) und Linz (1:1) weitaus weniger Fans angezogen hatten.

Michael Köllner ist genervt von diesen Diskussionen. Nach dem Abpfiff der Partie sagte er: “Für mich geht es um einen super-sportlichen Test, den haben wir gehabt. Alles andere ist nicht meine Baustelle. Warum muss der Fußball oder der Sport immer Statements abgeben? Von mir war es nicht angedacht. Die Politik hat sich zu dem Thema zu äußern. Ich spiele doch auch nicht mit dem Bundeskanzler hier und stelle den Ministerpräsidenten in den Sturm.”

Köllner weiter: “Jeder hat seine Aufgabe in der Gesellschaft. Wir können sicherlich helfen und verbinden. Sich immer hinstellen und anklagen, ist glaube ich, für den Sport keine gute Entscheidung. Die Politik ist in der Verantwortung. Wir haben nicht gegen ein Regime gespielt, sondern gegen einen Fußballverein, der Newcastle United heißt.”