VON OLIVER GRISS UND STEFAN MATZKE (IMAGO)

Stefan Lex (32) ist ins 1860-Trainingslager in neuer Rolle geflogen - nicht als zurückhaltender Profi, sondern als Kapitän. Sein Wort hat plötzlich Gewicht. Er gilt als Profiteur des Mölders-Bebens. db24 hat sich im Fünf-Sterne-Tempel “Sueno Deluxe Hotel” mit dem Ex-Ingolstädter unterhalten. Lex, der einmal mehr ein guter Gesprächspartner war, über:

das neue Kapitänsamt: „Der Trainer hat’s bestimmt. Das ist schön, nehme ich mit – aber es ist schon auch ein Stück weit mehr Verantwortung. So weit hätte ich nicht geträumt (als Kind), das wäre ein unrealistischer Traum gewesen. Umso mehr freut’s mich jetzt, dass ich Kapitän bin – wobei ich mich nicht groß dafür feiern will. Ich werde Sascha nicht nachahmen – kann ich auch nicht. Als Mannschaft haben wir uns gesagt: Alle müssen mehr vorangehen – und ich denke, das ist uns zweimal auch ganz gut gelungen.“

interne Krisensitzung: „Nach dem Magdeburg-Spiel haben wir uns in der Kabine zusammengesetzt. Das ist jetzt nichts Ungewöhnliches in einer Saison und hat auch weniger mit Sascha, sondern mehr mit der ersten Halbzeit zu tun. So was hat noch keiner von uns als Profi erlebt. Allen war klar: So können wir nicht weitermachen. Da müssen wir einen anderen Ansatz finden. Nicht nur taktisch. Von der Gemeinschaft her. Und wie wir uns in solchen Spielen wehren.“

Ton in der Kabine: „Dass es vorher so schlimm war, glaube ich nicht. Es ist halt auch eine Generationenfrage. Als ich angefangen habe, ist man in der Kabine auch noch anders angegangen worden als jetzt. Vieles ist man heutzutage nicht mehr gewohnt. Ich würde das alles nicht zu hoch hängen.“

Vertragsverlängerung (nach 20 Spielen verlängert sich automatisch sein Kontrakt um ein Jahr): „Kann ich noch nicht bestätigen, solange es der Verein noch nicht gemacht hat. Ich will aber nicht weg hier, das ist kein Geheimnis.“

seinen geplatzten Knoten: “Es hilft sicherlich immer, wenn es gut läuft, wenn man gut im Spiel ist und schon das ein oder andere Tor gemacht hat. Dann denkt man vielleicht weniger nach, handelt intuitiver und es klappt dann auch. Trotzdem gehört auch Glück dazu: Wenn Henne (Hendrik Bonmann, d. Red.)) nicht so verzögert, komme ich nicht so leicht an ihm vorbei. Aber klar ist es auch ein bisschen das Momentum.”

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seine ursprünglich anvisierte Spielertrainerkarriere in seinem Heimatort Eitting: “Ich gehe schon davon aus, dass die noch warten muss, aber das habe ich ihnen zuletzt eh’ schon nicht mehr versprochen. Früher, vor fünf Jahren, hätte ich das auf jeden Fall gemacht. Jetzt bin ich nicht mehr so überzeugt. Ich habe damals, noch bei Ingolstadt, ja schon mal als Co-Trainer übernommen und es würde mir schon liegen, die Inhalte zu vermitteln. Ich habe auch schonmal den B-Trainerschein gemacht, aber der ist mittlerweile abgelaufen. Damals war Ralph Hasenhüttl Trainer und hat mich dafür nicht freigestellt. Er hat gesagt: “Du musst nur sieben Jahre Profi sein, dann kriegst du den automatisch. Damals war ich noch nicht sicher, ob ich das schaffe, aber er meinte, dass ich das schaffe.”

seine verschobenen Prioritäten: Meine Überlegung ist eher, ob ich gleich nach der Karriere bei 1860 so weitermachen will: jedes Wochenende unterwegs zu sein und nicht mit der Familie ein freies Wochenende zu machen und mal irgendwohin zu fahren. Das würde als Spielertrainer vom zeitlichen Aufwand her nicht gehen. Wir haben Nachwuchs und kriegen auch jetzt dann das zweite Kind, dann sind die Prioritäten anders. Früher gab es kein Auswärtsspiel des FC Eitting, bei dem ich nicht war. Das ist jetzt auch schon ein bisschen anders. Der Kleine freut sich auch, wenn ich daheim bin.

seine verbleibenden Jahre als Profi: Schau mer mal. Es hört sich blöd an, aber ich will so lange spielen, wie ich gesund bin, so lange mein Körper es zulässt, wie ich Spaß daran habe und der Mannschaft helfen kann. Ich will nicht nur mit 35 Jahren noch spielen, nur weil ich mal zwei Jahre Bundesliga gespielt habe - und das aber schon zehn Jahre her ist. Glücklicherweise bin ich außer einem Syndesmosebandriss von größeren Verletzungen verschont geblieben, von daher geht es noch ganz gut. Auch den Knien, die ja oft zu einem frühen Karriereende führen. Man merkt schon, dass man nach einem anstrengenden Trainingstag nicht mehr so locker-flockig aufsteht wie mir 23,24. Trotzdem habe ich ja erst spät im Profibereich Fuß gefasst, vielleicht bringt mir das noch ein, zwei Jahre länger ein. Aber ich sehe mich nicht mit 35,36 noch im Profibereich Fußball spielen.”

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seine Aufstiegsaspiranten, die er auf Codenames-Karten schreiben würde: “Magdeburg, Braunschweig - und die dritte lassen wir offen.”

sein Profil in Sechzigs Ahnengalerie: “Das ist ein bisschen missverstanden worden. Wir haben im Kabinentrakt so ein Stüberl, in dem wir ab und zu gekartel haben, bei der Tanja hinten. Da hängen auch ein paar Bilder von ehemaligen Spielern: Lauth, Cerny, Okotie. Aber das ist keine offizielle Ahnengalerie und dort hängt jetzt auch schon ein Bild von mir. Also ist das schon erledigt - aber das hat vorher kaum einer gesehen und sieht jetzt auch keiner. Der Verein hat ganz andere Spieler hervorgebracht als mich, von daher war das nie so ein Wunsch, dass ich in die große Ahnengalerie muss.”

sein Ziel mit 1860: “Der Aufstieg, klar. Ich habe ja gesagt, dass ich hier einen Aufstieg miterleben will. Egal, in welcher Liga man spielt: Es ist ja immer das Größtmögliche, oben zu stehen. Von daher ist es nach wie vor mein Ziel: Das habe ich ja gesagt, als ich hierher gekommen bin - also muss ich fast solange spielen, bis wir es geschafft haben, oder? In der laufenden Saison sind wir aber nicht gut damit gefahren, auch von anderen, aber auch von uns selbst, in die Rolle des Aufstiegsfavoriten reingeredet worden zu sein. Vom Reden kriegst du nichts, sondern nur von dem, was du auf dem Platz lieferst und die Punkte holst. Von daher möchte ich heuer nicht vom Aufstieg reden. Wir müssen erstmal schauen, dass wir Konstanz reinbringen und uns eben nicht alle zwei Wochen hinsetzen müssen und uns fragen: “Wieso hat es jetzt schon wieder nicht hingehauen”? So, wie es am Anfang war, als wir so oft Unentschieden gespielt haben, sondern die Spiele auf unsere Seite ziehen.”