VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Es war kurz nach dem Bundesliga-Abstieg 2004, als sich der große Petar Radenkovic langsam vom TSV 1860 entliebte. Er konnte die Stümperei nicht mehr mit ansehen. Deswegen entschloß sich der frühere Weltklasse-Torhüter in der Münchner Abendzeitung - damals noch das beliebteste Blatt in der Stadt München - mit dem damaligen AZ-Reporter Oliver Griss eine eigene (und kostenlose) Kolumne zu schreiben: Radis Welt. Nicht immer freundlich, aber immer direkt. Vor allem der frühere Präsident Karl Auer und Sportchef Roland Kneißl bekamen in dieser Anfangsphase immer wieder ihr Fett ab. Radenkovic’ größter Wunsch: Der Weg in die Professionalität - und dass die Löwen wieder an die alten Zeiten anknüpfen.

Es war nur ein Wunschtraum, denn 17 Jahre später spielt der TSV 1860 mittlerweile nur noch in der Dritten Liga. Was Radenkovic auch nie verstehen konnte war die Verzwergung in den letzten Jahren, der sportliche Misserfolg, der fluchtartige Abschied aus der Allianz Arena mit dem Umzug ins kleine Grünwalder Stadion und das unterkühlte Verhältnis zu Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Alles Gründe, warum man Radenkovic nie wieder bei einem Fußballspiel der Löwen gesehen hat - und das wird auch so bleiben. Der Serbe hat mit den Löwen leider abgeschlossen: “Ich könnte eine Schallplatte auflegen. Es wiederholt sich alles - der Verein lernt nicht aus seinen Fehlern.”

Der größte Fehler des TSV 1860, der aber nicht mehr zu revidieren ist: Der Klub hat sich zwar immer gerne mit der Popularität des Meister-Löwen geschmückt, aber Radenkovic’ Netzwerk nie aktiviert und ihn in die Vereinsarbeit eingebunden. Er hatte nie eine Funktion bei seinen Löwen. Dabei konnte er wirklich mit allen. Mit der Politik, mit zahlungskräftigen Unternehmern, mit dem Showbusiness, mit DAX-Vorständen, sogar mit den Roten - und natürlich auch mit den Kleinen. Radenkovic wäre der ideale Türöffner für den Traditionsklub aus München-Giesing gewesen.

Heute wird Radenkovic 87 Jahre alt. Demnächst wird der robuste Ex-Torwart wieder von Belgrad nach München fliegen, auch über seinen geliebten Viktualienmarkt zu spazieren. Ob er dann an seine Löwen denkt, denen er die größten Erfolge der Vereinsgeschichte geschenkt hat?