VON OLIVER GRISS

Münchens bekanntester Obdachloser stirbt ein halbes Jahr nach einem Schlaganfall: "Ich kann mir kein schöneres Hobby als 1860 vorstellen"

Wer kannte ihn nicht - oder hat ihn zumindest nicht schon einmal wahrgenommen? Karl-Heinz Wendicke, Münchens bekanntesten BISS-Verkäufer. Sein Revier war das Zwischengeschoss am Marienplatz - jetzt ist er tot.  Sie fragen sich: Was macht dieser Todesfall auf dieblaue24? Tatsächlich war Wendicke ein leidenschaftlicher Löwen-Fan. Über 50 Jahre lang. Deswegen trug er jeden Tag Fan-Utensilien des Klubs, um zu zeigen: 1860, das ist mein Verein.Wendicke war ein echtes Münchner Original.

Zwar musste Wendicke sich an seinem Stammplatz an der Kaufhof-Rolltreppe von Bayern-Fans oft Häme gefallen lassen, auch für seine Hündin Bella, die obligatorisch ein 1860-Halstuch trug, doch Wendicke konterte dies immer mit einem flotten Spruch. Zu mir sagte er einmal: "Ich kann mir kein schöneres Hobby als 1860 vorstellen. Für mich ist dieser Verein mein Partnerersatz." Oft wurde er enttäuscht, aber auch nicht selten glücklich gemacht. Vor allem die beiden Derby-Siege in der Saison 1999/2000 machten Wendickes Brust größer.

Auch am 1860-Trainingsgelände war Wendicke ein gern gesehener Gast: Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser unterstützte ihn, der frühere Modezar Rudolph Moshammer übernahm für Wendicke sogar eine Patenschaft. Zuletzt war Wendicke allerdings immer seltener oben bei 1860 - auch weil ihn eine Beinamputation 2008 das Leben schwerer machte. Doch Wendicke war in seinem elektrischen Rollstuhl tapfer. Jetzt ist er im Alter von 74 - ein halbes Jahr nach einem Schlaganfall - verstorben. Die Trauerfeier findet am 7. September um 10 Uhr im Ostfriedhof statt.