VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Vor 40 Jahren hörte ich meinem Großonkel Franz Hammerl, früher selbst 12 Jahre in der Ersten Mannschaft des TSV 1860 Stammkraft, immer zu, wenn er bei Familientreffen über die heldenreiche Geschichte der Löwen plauderte. Einmal sagte er: “Mei, der Grosser - was für ein geniala Fußballer. Der konnt seine Gegner Knoten in die Boana spuin. Des is ana der Größten, die jemals dem Verein gschenkt wurden.” Peter, der Große.

Ende der 90er Jahre lernte ich mit meinem Wechsel zur “Abendzeitung” Peter Grosser, den Helden, den Meisterlöwen, den Spielmacher einer unvergessenen Löwen-Mannschaft besser kennen und schätzen. Franz-Hellmuth Urban, der damalige Sportchef der “AZ”, machte mich mit Grosser bekannt. Er war damals Vize-Präsident der SpVgg Unterhaching, die wenig später den Aufstieg in die Bundesliga schaffte.

Der große Telefonierer war Grosser nie. Er wollte sich immer treffen. Entweder in “seinem” Asamhof in der Sendlinger Straße, wo er bis vor kurzem mehrere Jahrzehnte wohnte - oder im Hackerhaus. Er mochte insbesondere die Gespräche über den Münchner Fußball. Es dauerte nicht lange, bis das Eis zwischen uns gebrochen war - und das war gar nicht so einfach, denn Grosser war im Umgang mit Reportern immer sehr vorsichtig: Ich schrieb dann über einige Jahre seine wöchentliche und exklusive Kolumne in der “AZ”, in der er immer wieder dezidiert über den Münchner Fußball sprach. Grosser war ein herrlicher Erzähler, der wenn es sein musste, auch den Finger in die Wunde legte. Er wusste, wann er die Löwen loben, aber auch kritisieren musste. Seine Meinung war immer gefragt, denn er war ein Ausnahmekicker wie kaum ein anderer in den letzten 60 Jahren im Münchner Fußball. Grosser war ein echter Charakterkopf.

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Auch nach meinem “AZ”-Aus 2010 blieben wir in Kontakt - und Grosser fand es wichtig und richtig, dass ich dem 1860-Umfeld mit db24 erhalten bleiben konnte. Grosser war auch Gast bei unserem großen db24-Stammtisch im Grünwalder Stadion, wo er ein Plädoyer für Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik gehalten hat und sich für ein friedliches Miteinander einsetzte. Er sprach das aus, was zehntausende Löwen-Fans denken.

Auch wenn Grosser mit der Vereinspolitik und dem gebotenen Sport des TSV 1860 in den letzten Jahren weniger anfangen anfangen konnte, war er immer wissbegierig, was sich an der Grünwalder Straße abspielte - und so rief er mich auch des Öfteren an, um upgedatet zu werden. Zum letzten Mal telefonierten wir am vergangenen Donnerstag - einen Tag vor dem Derby seiner beiden Ex-Klubs 1860 und Haching. Es war ein Acht-Minuten-Gespräch, in dem er auch über seine Einsamkeit, die nervtötende Quarantäne und seinen möglichen Impftermin sprach. Der Viktualienmarkt fehlte ihm, die Cafe-Besuche, das Treiben in seiner Stadt - und natürlich auch der Fußball. Peter Grosser war nicht mehr der Alte. Er resignierte, die Sprache war nicht mehr so kraftvoll und verschmitzt wie sonst. Am vergangenen Donnerstag sagte er: “Ich bin seit einem Jahr in Quarantäne, das ist alles nicht einfach. Ich lenke mich mit vielen Telefonaten ab.” Die Einsamkeit machte ihn traurig und nachdenklich. Seine beiden Söhne Peter und Thomas musste er bereits vor langer Zeit zu Grabe tragen. “Wenn man seine beide Söhne beerdigen muss, dann ist das das Schlimmste, was dir widerfahren kann. Da fragt man sich: Warum geschieht das mir?” Peter Grosser war einsam.

Wir wollten uns bald wieder im “Blauen Bock” treffen. Und auch über seine Lieblingsinsel Ibiza sprechen. Dazu kommt es leider nicht mehr.

Ruhe in Frieden, Meisterlöwe!