VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Heute um 13.30 Uhr stellen sich Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel und Trainer Michael Köllner nach der Sommerpause zum ersten Mal in einer Zoom-PK den Journalisten - doch um alle wichtigen Fragen rund um den TSV 1860 zu beantworten, fehlt eigentlich der Mann, der beim angeschlagenen Drittligisten seit einigen Wochen mit den Finanzen jongliert und sich einen ersten Überblick verschafft haben sollte: Marc-Nicolai Pfeifer, der kaufmännische Geschäftsführer der Löwen.

Wir haben die wichtigsten Fragen zusammen gestellt - nicht auf alle erwarten wir konkrete Antworten. Die Übersicht:

Wie hoch ist das Saison-Budget wirklich? Ursprünglich hatte der ehemalige Finanz-Boss Michael Scharold mit einem Etat von 2,4 Millionen Euro geplant. Die beiden Gesellschafter einigten sich aber kurzfristig auf ein Budget von drei Millionen Euro. Trotzdem sagte Gorenzel unlängst zur “tz”: “Stand jetzt, ordnet sich der momentane Etat bei den unteren Vereinen der abgelaufenen Saison ein. Wenn ich nun sage, dass der Etat reduziert werden muss, dann implementiert das heute, dass wir unsere Erwartungshaltung der Realität anpassen müssen.” Derzeit sind die Löwen handlungsunfähig. Nur wenn sich die beiden Gesellschafter einigen, den Saison-Etat noch zu erhöhen, könnte der Kader punktuell verstärkt werden. Fremdfinanzierungen sind laut Verträgen derzeit nicht möglich. Köllner: “Man muss sehen, was noch an Neuverpflichtungen möglich ist, damit wir wieder eine brutal starke Löwen-Mannschaft in der 3. Liga an den Start bringen.” Im Vorjahr lag der Etat nach einer Aufstockung - ausgelöst durch die Bayerische und private Gönner (inklusive Ismaik) - bei rund 3,6 Millionen Euro.

Wohin fließt das Geld für die Dauerkarten-Erlöse? Der Dauerkarten-Verkauf startet am Freitag. Es gibt die Möglichkeit zwischen den Varianten Löwenkopf (Option Geld-zurück-Garantie) und Löwenherz (Kohle bleibt bei 1860) zu wählen. Die beiden Geschäftsführer schrieben den Fans am Montag in einem offenen Brief: “Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen: wir wollen Corona zum Trotz mit dem Dauerkartenverkauf starten, insbesondere um wirtschaftlich und somit auch sportlich besser planen zu können.” Doch kommt das Geld auch wirklich bei der Mannschaft an?

Verliert die Dauerkarte ihren MVV-Bonus? Der TSV 1860 überweist seit dem Umzug ins Grünwalder Stadion normalerweise jährlich 500.000 Euro für die Fannutzung des öffentlichen Verkehrsnetzes bei Löwen-Heimspielen an die Stadt (vor Corona) - dieser Vertrag wurde von Ex-Geschäftsführer Markus Fauser nach dem Zwangsabstieg im Sommer 2017 ausgehandelt. Wenige Monate später versuchte Scharold bereits, den Preis zu drücken. Erfolglos. Nun könnte es zu einer Lösung kommen. Der Verein schrieb zuletzt auf seiner Webseite: “Das Positive vorne weg – die Dauerkarten gibt es weiterhin zum gleichen Preis, allerdings eventuell mit eingeschränkten MVV-Tarifzonen.” Was vermutlich heißen könnte: Auswärtige mit Dauerkarte, die beispielsweise in Freising oder am Flughafen in die S-Bahn einsteigen, müssen das Bahnticket bald selbst bezahlen. Noch ist aber das letzte Wort nicht gesprochen.

Wie bewertet Michael Köllner den jüngsten Löwen-Kader aller Zeiten (22,2 Jahre)? “Wir haben viele junge, interessante Spieler. Dazu konnten wir einen Großteil der Stamm-Mannschaft aus der letzten Saison halten. Von daher bin ich sehr zuversichtlich”, sagte der 50-Jährige am Dienstag gegenüber tsv1860.de beim Trainingsauftakt an der Grünwalder Straße: “Nach vier Wochen kann man sich ein realistisches Bild machen, wo die Reise hingeht.”

Was ist das Unwort der Löwen-Saison 2019/2020?

Umfrage endete am 16.08.2020 21:00 Uhr
Konsolidierungskurs
41% (891)
Homeboys
14% (301)
50+1
10% (208)
Corona
9% (205)
Geisterspiele
7% (155)
Transparenz
5% (111)
Darlehen/Genußscheine
3% (71)
Basispaket
3% (64)
Stadionkapazität
2% (51)
Machbarkeitsstudie
2% (36)
Online-MV
2% (35)
Kapitalerhöhung
2% (33)

Teilnehmer: 2161

Kann Tim Rieder vom FC Augsburg verpflichtet werden? Nach db24-Informationen soll heute oder morgen eine Entscheidung in dieser Personalie fallen. Geht’s nach den finanziellen und sportlichen Gesichtspunkten, hat 1860 keine Chance. Die Zweitligisten Kiel und Würzburg sind nach db24-Informationen noch in der Verlosung. Hört Rieder nur auf sein Herz, wird sich der defensive Mittelfeldspieler auf die Löwen festlegen.

Wann gibt’s endgültig Klarheit für die vertragslosen Löwen? Arbeitslose Spieler wie Timo Gebhart, Herbert Paul oder Nico Karger könnten den 1860-Kader definitiv in der Breite verstärken. Während sie derzeit alleine trainieren, warten sie auf den entscheidenden Anruf von Gorenzel. Gibt’s aber auch noch berechtigte Hoffnung für sie? Alles hängt von den beiden Gesellschaftern ab.

Können die Talente Dennis Dressel, Leon Klassen und Fabian Greilinger (ihre Verträge laufen im Sommer 2021 aus) verlängert werden? Nachdem es der TSV 1860 bei Efkan Bekiroglu (zu Alanyaspor) und Noel Niemann (zu Bielefeld) verpasste, vorzeitig zu verlängern, läuft der Verein auch bei Dressel, Greilinger und Klassen Gefahr, sie kostenlos ziehen lassen zu müssen. Für Gorenzel ist das eine der wichtigsten Aufgaben in den nächsten Monaten, die drei Talente an die Löwen zu binden. Schafft der Österreicher das auch?

Was ist aus den Zweitliga-Ambitionen von Michael Köllner geworden? Als der Trainer Ende Juni nach seiner Zukunft gefragt wurde, sagte er: “Jetzt geht es natürlich darum: Wo will der Verein in Zukunft hin? Ich habe natürlich Ambitionen. Ich will 1860 in die Zweite Liga bringen.” Doch sind diese Ziele mit dem Kurs des Klubs vereinbar? Einen gut durchdachten Aufstiegsplan gibt es nicht. Angesichts des XXL-Umbruchs muss Köllner die Löwen erst einmal wieder festigen - und diese Aufgabe wird schwer genug. Sein Vertrag läuft zudem im Sommer 2021 aus.

Was ist aus der geplanten Kapitalerhöhung geworden? Hier herrscht absoluter Stillstand. Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik (ihm gehören 60 Prozent an der KGaA) wünscht sich finanzielle Power im Verein. Das Angebot der Bayerischen soll Ismaik nicht ausreichend genug sein. Zudem müsste die Mitgliederversammlung über einen dritten Gesellschafter abstimmen. Dazu braucht es aber eine 75-prozentige Mehrheit. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass bei den aktuellen Machtverhältnissen eine Einigung erzielt wird, die den Profifußball bei 1860 langfristig weiter bringt.

Warum sind die beiden Gesellschafter Hasan Ismaik und Präsident Robert Reisinger abgetaucht? Reporter der großen Münchner Zeitungen sollen zuletzt versucht haben, beide Hauptprotagonisten für aufschlußreiche Interviews zu gewinnen - doch keiner will über die Pläne des TSV 1860 sprechen. Die Leidtragenden sind die Fans, die emotional derzeit einmal mehr in der Luft hängen.

Ist das altehrwürdige Olympiastadion in Corona-Zeiten eine Option? Blendet 1860 die Heimatgefühle aus (Giasing) und denkt allein an die Wirtschaftlichkeit, müsste ein temporärer Umzug ins ehemalige WM-Stadion in Oberwiesenfeld geprüft werden. Die Löwen hätten in diesen schwierigen Zeiten die Möglichkeit, im Oly aufgrund der höheren Platzkapazitäten mehr Zuschauer als ins Grünwalder Stadion hinein zu lassen. Derzeit geht man davon aus (falls die Stadien deutschlandweit geöffnet werden), dass im Grünwalder dann zwischen 2000 und 4000 Fans zuschauen dürfen. Natürlich müssten die anfallenden Mietkosten gegengerechnet werden.