VON OLIVER GRISS

Die Boeing 737 der Norwegianair, mit dem kompletten Löwen-Tross an Bord (inklusive Vize Hans Sitzberger), befand sich am Sonntagabend gerade auf dem Weg ins Trainingslager nach Alicante, als Ex-Trainer Daniel Bierofka erstmals seit seinem abrupten Rückzug vom TSV 1860 Stellung in einem Fernsehstudio nahm - in der BR-Kultsendung “Blickpunkt Sport”.

Nachdem Bierofka zum Jahreswechsel bereits gegenüber dieblaue24 exklusiv Einblicke in sein Seelenleben gewährte (“es waren keine gesundheitlichen, sondern gravierende Gründe”), legte der 40-Jährige in einem starken als auch authentischen TV-Auftritt bei Moderator Markus Othmer nach. “Mein Rücktritt war wohl überlegt. Das war nicht überstürzt. Es war ein längerer Prozess, als ich gemerkt habe, dass es zwischen mir und den Verantwortlichen oder handelnden Personen keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich ist. Ein Trainer braucht Rückhalt - und den habe ich nicht mehr gespürt”, erklärte Bierofka mit leuchtend blauen Augen. Er hat sich aufgerieben. Gedankt hat es ihm keiner.

Bierofka wurde bei “Blickpunkt Sport” deutlich: Er fühlte sich unerwünscht in seinem eigenen Klub, deswegen zog er am Ende die Reißleine. “Und dass dann natürlich mein Gehalt öffentlich bewertet wurde, war natürlich aus meiner Sicht ein No-Go.” Zudem habe es Bierofka mächtig geärgert, dass die Vereinsseite ihn in einer Presseerklärung im September weglobte: “Zu sagen, dass wenn ein anderer Verein kommen würde, ich würde 1860 nur als Sprungbrett benutzen - das hat schon weh getan, wo ich so viel Herz reingesteckt habe. Das hat mich in gewisser Weise auch getroffen” Bierofka bestätigte auch, dass es mit Präsident Robert Reisinger (“Profifußball geht mir am A… vorbei”) in den 2,5 Jahren so gut wie keinen Kontakt gab (“Wir hatten in den zweieinhalb Jahren eher weniger Austauch”) - weil Bierofka um ein Miteinander zwischen den beiden Gesellschaftern bemüht war und dieses Verhalten nicht in Reisingers Führungsstil passte?

Deutlich wurde Bierofka auch, wer dem TSV 1860 im Sommer wirklich geholfen hat. Es war neben der Bayerischen in erster Linie Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik. Der Jordanier finanzierte auf Bierofkas Bitten Timo Gebhart sowie Prince Owusu und gab am Ende auch die fehlenden 20.000 Euro bei Aufstiegsheld Aaron Berzel, damit dieser einen Einjahresvertrag unterschreiben konnte. Bierofka wünscht sich vor allem eines für 1860: “Es wäre wünschenswert, wenn sich beide Parteien der Verantwortung stellen. Der Verein braucht wieder eine Perspektive. Das ist das Allesentscheidende. Es gibt immer noch Problemfelder, die der Verein lösen muss. Das geht aus meiner Sicht nur zusammen. Das war immer mein Statement.”

Was db24 bereits vor Wochen andeutete, bestätigte auch Othmer aufgrund seiner eigenen Quellen: Die Mannschaft musste sich für ihr Dankeschön bei Daniel Bierofka beim 1:0-Sieg in Halle beim Präsidium rechtfertigen.

Was läuft in diesem Verein schief?