VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Wenn Daniel Bierofka gar nichts mehr sagt, dann heißt das in der Regel: Bierofka kocht. Als eine Reporter-Runde am Dienstag vom Löwen-Trainer eine Wortspende wollte, sagte der 40-Jährige mit finsterer Miene. “Nach gestern nicht.” Nach gestern? Bierofka hatte doch am Montag gar nichts in die Notizblöcke der Reporter diktiert. Bierofka weiter: “Ich habe nichts gesagt, andere haben etwas gesagt. Deswegen brauche ich jetzt mal eine Pause.” Danach verschwand der Ex-Nationalspieler in den Katakomben an der Grünwalder Straße 114.

Auslöser ist die jüngste XXL-Stellungnahme des Klubs, in der Präsident Robert Reisinger & Co. unter Punkt 15 den Trainer zum Thema gemacht hat - die Fragestellung: “Was ist, wenn Daniel Bierofka keine Lust mehr auf das Traineramt hat?” Reisingers Antwort ist deutlich (db24 berichtete), so dass alle Medien hinterher auf einen gemeinsamen Nenner kamen: Der TSV 1860 lobt Bierofka, ausgestattet mit einem Langzeitvertrag bis 2022, weg. Reisinger sprach nicht nur über den Abschied des Trainers, sondern hat auch das Gehalt des Trainers thematisiert - und das obwohl sich Reisinger eigentlich selbst verschrieben hatte, sich aus KGaA-Angelegenheiten rauszuhalten. Gerne sagt der Unternehmensberater aus Kirchheim immer wieder: “Ich bin doch der e.V.-Präsident - wir haben genug festangestellte Mitarbeiter in der KGaa, die sprechen und dafür bezahlt werden.” Doch auch die gehen längst in Deckung vor Reisinger.

Warum der Ober-Löwe trotzdem ständig ins operative Geschäft eingreift, bleibt allein sein Geheimnis. Man hat zumindest fast das Gefühl, Reisingers Berater/Ghostwriter wollten mit der Stellungnahme, die die “SZ” mit der Länge der Bibel verglich, den eher blutleeren Auftritt in Blickpunkt Sport in der Öffentlichkeit revidieren. Zwischen Reisinger in O-Ton und in Schriftform liegen nämlich Welten.

Und die “AZ” schreibt völlig zurecht: “Warum die Vereinsbosse bei aller Frustration ein paar Tage vor dem wichtigen Heimspiel gegen Carl Zeiss Jena am Samstag eine solche Aussage gen Bierofka tätigen, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Sie steht jedenfalls nicht im Zeichen der ausgerufenen Aktion Vereinenstattspalten.”

Bekannt ist jedenfalls, dass Reisinger und Bierofka seit Anfang an ein gespaltenes Verhältnis haben. Nach dem Klassenerhalt verpasste der Präsident, Bierofka zum Klassenerhalt zu gratulieren. Dies holte Vize Hans Sitzberger beim Saisonfinale in Jena (0:4) und bedankte sich im Namen des Präsidiums. Intern heißt es, dass es Reisinger nicht gefalle, dass Bierofka in der Öffentlichkeit immer das sagt, was er denkt. Bei Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel zeigt Reisingers Führungsstil schon Wirkung: Der Österreicher ist von der Bildfläche mehr oder weniger verschwunden, geht den Medien mehr oder weniger aus dem Weg.

Alle, die nicht nach Reisingers Pfeife tanzen, bekommen Gegenwind bei 1860. Wie lange macht Identifikationsfigur Bierofka dieses unsaubere Spiel noch mit? Sein Plan war, die Löwen in den großen Fußball zurück zu führen, doch angesichts der klimatischen Umstände an der Grünwalder Straße, erscheint dieses Vorhaben immer unrealistischer zu werden.

Welche Note geben Sie dem Präsidium Reisinger?

Umfrage endete am 23.09.2019 16:00 Uhr
Note 6
69% (6370)
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13% (1224)
Note 1
7% (689)
Note 4
4% (343)
Note 2
3% (320)
Note 3
3% (257)

Teilnehmer: 9203

Ob die Löwen-Fans im Heimspiel gegen Jena die Antwort auf Reisingers Vorstoß geben? Die Fans können die Antwort geben. Bei einer db24-Umfrage auf Instagram können sich 88 Prozent der Leser einen TSV 1860 ohne Bierofka derzeit nicht vorstellen. Klar ist: Ein Reisinger-Homeboy wird Bierofka jedenfalls in diesem Leben nicht mehr.