VON OLIVER GRISS UND CATHRIN MÜLLER (MIS)

Es war im 1860-Trainingslager im oberösterreichischen Windischgarsten sehr gut zu beobachten: Einigkeit gibt’s selten. Die Fanszene bleibt auch nach der Wiederwahl von Präsident Robert Reisinger gespalten. Es gab viele hitzige Gespräche unter den Fans. Der Frust ist bei vielen Anhängern spürbar.

Vor einigen Tagen wollten wir von Euch wissen: Wie reagiert ihr auf diese Entscheidung, die für eine ungewisse Zukunft des Profifußballs beim TSV 1860 sorgt? Seit unserem Aufruf nach der Mitgliederversammlung sind rund 80 Mails in unserer Redaktion eingegangen. Der Tenor ist meist identisch: Das war’s mit meiner Mitgliedschaft! Auch Claus (Nachname, Wohnort und Email-Adresse ist der Redaktion bekannt) - sein Statement ist mehr als deutlich:

Ich komme aus einer roten Familie. Mein Erzeuger und mein großer Bruder waren/sind immer noch Bayern-Fans. Ich war das erste Mal 1978 mit meinem damaligen Fußballclub DJK Waldram im Stadion (bei einem grandiosen 4:0 über Duisburg). Eine Mannschaft mit Willi Bierofka, Hofeditz, Metzger. Da hat mich der Löwenvirus gepackt. Ich habe den Zwangsabstieg, die ewig langen Jahre in der Bayernliga, und die für mich schönste Zeit unter Werner Lorant und Karl-Heinz Wildmoser mitgemacht. In dieser Zeit waren WIR ein Verein – egal welche Meinung, welche politische Richtung jemand hatte – WIR standen VEREINT zur Mannschaft. WIR feierten Derby-Siege gegen den großen FC Bayern. WIR waren stolz auf die Mannschaft, selbst wenn sie mal verlor, aber gekämpft hat. Dieses WIR machte den TSV 1860 aus. Für den TSV 1860 München haben in dieser Zeit Größen wie Thomas Häßler, Martin Max, Davor Suker, Bernhard Winkler, Pele, Piotr Nowak, Peter Pacult, Bernhard Trares, Thomas Miller, Thomas Zander, Rudi Völler, Jens Jeremies, Heinz Flohe, Harald Cerny, Paul Agostino, Olaf Bodden, Horst Heldt, Mani Schwabl, Ludwig Kögl, Miroslav Stevic gespielt. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen – und nicht einer der Genannten hat eine Funktion beim heutigen TSV 1860 München!

Ich habe cirka 1993 einen Mitgliedsantrag ausgefüllt, der auf der Rückseite einer Eintrittskarte zu finden war. Nachdem KHW 2004 mit Schimpf und Schande aus dem Verein entfernt wurde, habe ich die Mitgliedschaft gekündigt. Wie man einen Mann, der den TSV 1860 nach dreizehn langen Jahren in der Bayernliga wiedererweckt hatte, der den TSV 1860 bis zur Champions League Qualifikation führte, der nach deutschem Recht mit absolut weißer Weste aus der Arena-Affäre hervorging, so behandeln konnte, war für mich nicht nachvollziehbar. Meiner Meinung nach hat KHW nur zwei (allerdings große) Fehler begangen: den Bau eines Stadions gemeinsam mit dem roten Nachbarn, sowie die Einstellung von Falko Götz. Anstelle der Arena wäre es besser gewesen, die Roten irgendwo ihre Schüssel hinbauen zu lassen und dann das Olympiastadion blau anzumalen (oder Mani Schwabls Umbau des Grünwalder Stadions zu finanzieren)! Trotz allem blieb ich Fan des TSV 1860 München, fuhr ab und zu (wenn es sich aus finanziellen und zeitlichen Gründen machen ließ) ins Stadion, sah mir ansonsten jedes Live-Spiel im Fernsehen an, hörte am Radio zu, oder las zumindest die Ticker in den verschiedenen Medien.

Doch die Liebe wird seit ein paar Jahren immer kälter. Egal wie man zu Hasan Ismaik steht, der undankbare Umgang und fehlende Respekt ist unserem Verein nicht würdig. Doch offenbar hat auch das Tradition. All jene, die uns retteten, halfen und mit Geld zuschütteten (Karl Heckl, KHW, HI) wurden/werden beschimpft, beleidigt, vom Hof gejagt. Ihr wollt nicht nur keine Erfolgfans – ihr wollt keinen Erfolg! Schon als HI bei den Löwen einstieg, wurde ihm ständig ans Bein gepisst (denn ein jahrgangsbester Jugendtrainer, der immerhin schon mit der U19 Meister wurde, war selbstverständlich viel besser als Trainer geeignet, als ein Herr Eriksson, der zu der Zeit „nur“ mehrmals den italienischen Pokal, die italienische und portugiesische Meisterschaft gewinnen konnte, sowie Nationaltrainer von England gewesen ist). Er holte Aston Martin als Sponsor zu uns! Allein mit diesen Aktionen hat er gezeigt, dass er noch oben will. Und zu der immer wieder ihn angedichteten Alleinschuld an der „4“ kann ich nur sagen. Dieser Doppelabstieg hatte viele Väter. Zuerst einmal die Mannschaft; selbstverständlich auch HI wegen dem blinden Vertrauen zu seinen Beratern; dann diejenigen, die nach dem Dresden-Spiel mit der Mannschaft gesprochen haben; der damalige Verwaltungsrat, der nach dem Jahn-Spiel nicht zu erreichen war, und nicht zuletzt auch die Ultras, die ihre Mannschaft wegen eines Stadions boykottierten – und dann behaupten, sie wären die einzig wahren Fans! Dem einzigen in dem ganzen Haufen, dem ich abnehme, dass er zumindest in die zweite Liga will,ist Herr Ismaik. Auch wenn es schiefgegangen ist, er hat zumindest versucht das Ruder herumzureißen. Und alle haben es gefeiert, als er einen Aigner wieder zu uns holte, dies war nicht seine Idee, aber die Fans wollte ihn und HI hat ihn besorgt. Aber auch ich kann Hasan Ismaik nicht verzeihen, dass er uns bis in die 4. Liga hat fallen lassen. Als Fan hätte er da über seinen Schatten springen müssen und den Verein in der dritten Liga halten. Egal mit welchen perversen, undankbaren und kriminellen Mitteln gegen ihn gearbeitet wurde. Mit dem Personal, deren Verträge auch in der dritten Liga gültig waren, hätte man auch den sofortigen Wiederaufstieg anpeilen können.

Nach dem Abstieg wurde es nun noch schlimmer. Der größte “Feind” ist nun plötzlich nicht mehr der FC Bayern, sondern die jeweils „andere Seite“ des TSV 1860 München. Mich kotzt es an, dass ein Löwenfan den anderen vorwirft ein Roter zu sein, oder kein wahrer Löwe zu sein. Und am schlimmsten finde ich noch diejenigen Fans, die „ELIL nur in Giesing“ grölen. Sollten es nur noch Löwen in Giesing geben, braucht ihr das Grünwalder nicht weiter auszubauen. Unsere frühere Stärke, der Zusammenhalt egal was kommt, ist nur noch Vergangenheit und wird nicht wieder kommen. Dann hatte ich wieder ein Fünkchen Hoffnung, als es Daniel Bierofka mit seiner Mannschaft gelang in die Dritte aufzusteigen. Es lagen sich doch tatsächlich ALLE Fans in den Armen – egal welcher Seite sie auch angehörten. Doch diese Hoffnung wurde schon bei der Wahl des VR wieder zerstört. Kein einziger ehemaliger Fußballer oder erfolgreicher Geschäftsmann wurden in den VR gewählt. Stattdessen wird immer weiter die eine Seite von der anderen beleidigt – und keine Seite nimmt sich da was. Jede Seite nimmt für sich in Anspruch, dass die Mehrheit auf ihrer Seite wäre – doch keine Seite weiß es wirklich. So sehr ich Hr. Dr. Schummers Einsatz mit seinem Rundbrief auch schätze, wäre es doch besser gewesen, man würde für dieses Geld mal ALLE Mitglieder anschreiben und fragen, was sie wirklich wollen. Vielleicht würde man so mit einem größeren Prozentsatz herausfinden, was die Mitglieder wirklich wollen. Auch eine Briefwahl, oder Wahl live über das Internet ist im 21. Jahrhundert durchaus möglich. Die Argumente dagegen sind einfach lächerlich (hat sonst auch kein Verein – na und, dann sind wir halt die ersten) oder nicht belegbar. Und wenn man sich so sicher ist, dass die Mehrheit der Mitglieder hinter meiner Sache stehen, müsste man davor keine Angst haben.

Und nun zur Wahl, in der Herr Reisinger mit über 60% bestätigt wurde. Erstens ist es keine Wahl, wenn neun unprofessionelle Personen im Hinterzimmer einen Kandidaten auskarten und der Öffentlichkeit nicht einmal mitteilen, welche Konzepte die einzelnen Kandidaten vorstellten. Zweitens sollte eine Wahl immer GEHEIM stattfinden. Dieser Antrag wurde aber sofort abgeschmettert. Warum? Hatten die Ultraclanführer Angst, dass ihre Untergebenen nicht so abstimmen, wie sie es befohlen hatten? Auch die SED hatte immer fast 100 Prozent bei ihren Wahlen – offensichtlich, weil sie so geheim waren. Wahrscheinlich wäre Herr Reisinger auch bei einer geheimen Wahl bestätigt worden, aber vielleicht nur mit 52 Prozent, vielleicht wäre er auch nicht bestätigt worden – es hätte sich ja nur um 260 Stimmen gehandelt, kann nun Niemand mehr sagen. Ganz besonders nach den Vorfällen mit Hr. Dr. Schummer hat sich doch keiner der Ultras mehr getraut anders zu stimmen. Dass sich Löwenfans von Bodyguards gegen Löwenfans schützen müssen ist einfach nicht hinzunehmen. Vielleicht bin ich naiv, aber NOCH gehe ich davon aus, dass zumindest ALLE Fans das Beste für ihren Verein wollen. Das man über das Wie unterschiedlicher Meinung sein kann, sollte jeden Löwenfan klar sein. Und jeder Löwenfan hat die Meinung des Anderen zu akzeptieren – er muss sie ja nicht teilen.

Herr Reisinger gab bei dieser MV ein sehr schlechtes Bild ab. Für alles, was er in den letzten zwei Jahren vorhatte und nicht schaffte, hatte er eine Ausrede. Bei der Turnhalle war die Stadt München schuld. Für das Museum hat man immerhin schon eine Arbeitsgruppe gebildet. Das ihm Profifußball am Arsch vorbeigeht war zuerst nicht wahr, und dann war er bei der Dritten (was bedeutet, dass ihm Profifußball tatsächlich DOCH am Arsch vorbei geht). HI lehnt alle Vorschläge vom EV ab (genauso wie der EV alle Vorschläge von HI seit fast 8 Jahren ablehnt). Er hat immer APPELLIERT, dass Pyro verboten ist. Dagegen könnte man auch was TUN – z.B. Vereinsausschluss, Entschädigungszahlungen, usw. Warum aussagen wie „Unterhaching hat uns bei der Jugendarbeit überholt“, „Ismaik wird 1860 nicht verlassen“, „man kann auch von Ismaik ruhig Geld annehmen“, usw. rückwärtsgewandt sind, weiß wohl nur Reisinger alleine. Reisinger ist der schlechteste Präsident, den wir jemals hatten – und das ist nach einer Liselotte Knecht, einem Karl Auer, einem Erich Riedl wahrlich nicht einfach. Doch unter diesen Personen waren die Fans wenigstens zum größten Teil geeint!

Der Präsident von 1860 München muss einschreiten, wenn jemand wegen seiner Hautfarbe, Religion, Herkunft, politischer Ausrichtung, oder anderen Meinung (ständig) beleidigt wird.

Der Präsident von 1860 München muss sich klar gegen Pyro aussprechen und hat allen Personen, die Pyro verwenden ein Stadionverbot zu erteilen.

Der Präsident von 1860 München, der zu einer Mitgliederversammlung einlädt, hat all seine Gäste zu schützen, egal ob sie ihn kritisieren oder nicht.

Der Präsident von 1860 München hat seinen Verein jederzeit zu repräsentieren, besonders auch in den Medien, die nicht nur Münchner lesen oder empfangen können.

Der Präsident von 1860 München hat alle Fans gleich zu behandeln, egal ob Mitglied, Münchner, Nichtmitglied oder Auswärtiger.

Der Präsident von 1860 München hat sich allen Fragen, auch kritischen, zu stellen und das Ansehen des TSV 1860 zu verbessern.

Der Präsident von 1860 München hat dem Trainer zum Klassenerhalt zu gratulieren und sich nicht mit dessen Erfolgen zu schmücken.

Der Präsident von 1860 München tut alles, egal ob es ihm gefällt oder nicht, um dem Trainer seine Wunschmannschaft zusammenstellen zu lassen.

Der Präsident von 1860 München hat genug Selbstvertrauen, um sich einer GEHEIMEN Wahl zu stellen.

Der Präsident von 1860 München stellt den TSV 1860 München an erste Stelle, und nicht seine Person

AUS DIESEN GRÜNDEN SIND SIE, HERR REISINGER, KEIN GUTER PRÄSIDENT!

Warum folgende Fragen auf der MV nicht gestellt wurden, ist mir ein Rätsel:

Werden Sie in Zukunft allen Personen, die Pyro verwenden oder ins Stadion schmuggeln wollen, ein lebenslanges Stadionverbot, den Vereinsausschluß (sofern Mitglied) und ggf. Strafzahlungen erteilen?

Wenn Sie GF sowohl bei der KGaA und bei HI2 werde wollten, warum bekämpfen Sie diese Konstruktionen so sehr? Könnte es sich um Rache handeln?

Wenn mit dem Grünwalder Stadion jedes Jahr 1 bis 2 Mio. Verlust gemacht wird, wie wollen Sie die Schulden mit ihrem Konsolidierungskurs jemals bezahlen?

Sollte der Ausbau des Grünwalder Stadions auf 25.000 (oder mehr oder weniger) gestattet werden – wie wollen Sie ihn bezahlen?

Der beste Präsident, den der TSV 1860 je hatte (auch wenn er ein Mensch war und Fehler machte – s.o) war ein erfolgreicherer Gastronom aus Bayern. Solch einen Mann hätten wir wieder in unseren Reihen. Herr Thomas Hirschberger wäre der ideale Präsident für den TSV 1860 München. Er würde auf Augenhöhe mit HI sprechen können. Er weiß, wie man erfolgreich Wirtschaftet, wie man zu Erfolg kommt.

Ich werde den Sechz‘gern zwar gewogen bleiben und mich über Siege freuen, das war es aber auch schon. Das Geld für Stadion, Anfahrt, Fanartikel spare ich mir. Inzwischen werden sogar schon die Mitleidsbekundungen (gibt’s eigentlich etwas Erniedrigenderes, als wenn ein roter Fan einen Blauen bemitleidet?) der Roten weniger, wir sind einfach viel zu unwichtig geworden. Und wir werden immer unwichtiger. Wir haben uns mal um die Nummer zwei in Bayern mit dem 1. FC Nürnberg gestritten. Mittlerweile sind durch unsere tollen Funktionäre seit 2004 der FC Augsburg, Greuther Fürth, und der FC Ingolstadt an uns vorbeigezogen. In dieser Saison werden noch die SpVgg Unterhaching, und die Zweite des FC Bayern an uns vorbeiziehen. Einfach nur noch traurig.

Anmerkung der Redaktion: Die veröffentlichten Leserbriefe spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider. Wir raten jedem Löwen-Mitglied, dem Verein treu zu bleiben. Es geht nicht nur um die Unterstützung für den Jugendfußball. Wollen Sie uns auch schreiben? Email an: redaktion@dieblaue24.de