VON OLIVER GRISS

Der Mainburger Allgemeinarzt Dr. Thomas Schummer (70) ist das Gesicht des Wahlkampfes beim TSV 1860. dieblaue24 hat den langjährigen Löwen-Fan zum Interview getroffen.

dieblaue24: Herr Schummer, sie behalten sich rechtliche Schritte gegen den Ausgang der Mitgliederversammlung des TSV 1860 vor: Warum?

DR. THOMAS SCHUMMER: Na ja, ich habe mir die Zusage zur flächendeckenden Information der Mitglieder erkämpft. Man hat mir das erst erlaubt, dann abgelehnt und erst auf meinen Hinweis auf rechtliche Klärung hin lief dann die Aussendung. Leider kamen die wenigsten e-Mails an, aus welchem Grund auch immer. Die Abmachung war damit nicht eingehalten. Nur, meine 4000 Euro hatte ich da schon bezahlt. Würden Sie sich das gefallen lassen? Jedenfalls ging wohl jetzt, ziemlich spät allerdings, alles raus. Bislang habe ich übrigens neben positiven auch viele negative, teils auch beleidigende Rückmails erhalten. Viele empfinden es als unmoralisch bis vereinsschädigend, dass ich rechtliche Schritte erwähnt habe. Ich finde es eher traurig, dass man überhaupt damit drohen muss. Auch Mitglieder haben Rechte. Ich glaube nicht, dass ich einen Rechtsstreit beginnen werde. Ich bin kein Michael Kohlhaas. Das können gern andere machen. Mein Engagement hat mich schon genug Substanz gekostet.

Glauben Sie, dass auch Mitglieder Einladungen zur MV nicht bekommen haben?

Einige bislang offenbar immer noch nicht.

Spielt man bei 1860 aus Ihrer Sicht mit offenen Karten?

Mir gegenüber? Das kann ich nicht beurteilen. Soweit aber ist alles - mit entsprechender Nachhilfe halt - korrekt abgelaufen. Im Spiel mit der KGaA und den Fans des Profifußballs sind die Karten jedenfalls gezinkt.

Was treibt Sie an, gegen Robert Reisinger eine Opposition beim TSV 1860 aufzubauen?

Genau das. Grünwalder Stadion, egal in welcher Liga, wird seit Jahren mit allen Mitteln verfolgt. Ich will eigentlich nur mobilisieren, weil ich weiß, unzählige Fans wollen erfolgreichen Profifußball. Und die Mehrheit bei der MV ist mit ein paar hundert Leuten nicht repräsentativ. Das wollte ich ändern.
Klappt die Abwahl nicht, ist das okay. Dann habe ich wenigstens alles versucht. Dann werde ich mich als Fan zurückziehen. Meine Restlaufzeit in diesem Leben ist mir zu wertvoll, um sie mir weiterhin vergiften zu lassen.

Üblicherweise droht Andersdenkenden bei den Löwen die Androhung auf ein Vereinsausschlussverfahren: Haben Sie schon Erfahrungen mit der Androhung solche Sanktionen gemacht?

Ja klar. Man muss sich ja nur die Besetzung des Ehrenrats anschauen. Da sitzt zum Beispiel jemand drin, der brüstet sich noch heute noch damit, beim Abstieg 2017 gejubelt zu haben. Oder verkauft Anti-Ismaik-Shirts. Aber das lässt mich kalt. Der Antrag auf Satzungsänderung geht übrigens genau dahin, unbotmäßige Gesinnung leichter sanktionieren zu können. Ich kann nur hoffen, er findet nicht die nötige Mehrheit von 75 Prozent.

Auf Facebook hatten Sie eine Gruppe “Rettet die Löwen” gegründet: Hätten Sie sich mehr Zuspruch erwartet?

Ich bin neu auf Facebook, und was ich da erlebt habe, ist schockierend. Der Zuspruch war schon hoch, allerdings auch die Quote der Spammer, Stänkerer und Beleidiger. Das ist ein allgemeines gesellschaftliches Problem, nicht nur hier. Pöbler und Rabauken haben ja auch in der Politik mehr und mehr das Sagen. Lügen werden akzeptiert und sind sogar willkommen. Hauptsache sie passen in die eigene Meinungsblase.
Jedenfalls freue ich mich, Facebook bald für immer verlassen zu können. Viele werden sich ja darüber freuen. Sei ihnen vergönnt…

Auf Google wurde Ihre Arztpraxis u.a. von ehemaligem 1860-Verwaltungsratskandidaten negativ bewertet, obwohl dieser nie ihr Patient war. Wie finden Sie diese Herangehensweise des “anderen” Lagers?

Das ist am allerübelsten. Bislang haben knapp 20 Leute meine Praxis heruntergewertet. Ich bin dabei, sie zu belangen. Geschäftsschädigung kann teuer werden.

Sollte Robert Reisinger gewählt werden, wie werden Sie reagieren: Werden Sie sich dann von 1860 verabschieden?

Das wäre ja noch lange nicht das Ende. Hauptsache die Leute sind wachsamer geworden. Aber meine Löwen, wie ich sie seit meiner Kindheit liebe, sind das nicht mehr. Hassgesänge, Pyros und Gewaltbereitschaft gegen Andersdenkende muss ich mir nicht mehr geben.