VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER

Zuletzt wurde der Fokus in einigen Zeitungen auf Günther Gorenzel und Daniel Bierofka gerichtet, auch vom e.V.-nahen “Wochenanzeiger” - der Vorwurf: Die sportliche Kommandobrücke hätte die Mannschaft in der Spielzeit 2018/2019 über die Verhältnisse finanziert. Genau diese ungeheuerliche Behauptung hat Geschäftsführer Michael Scharold am Donnerstagnachmittag in einer kurzfristig einberaumten Pressekonferenz an der Grünwalder Straße verständlicherweise nun entkräftet. Er selbst bezeichnete die Gerüchte als “sehr wild”.

Scharold, der seit Januar 2018 50+1-Geschäftsführer ist, übernimmt - und das ist zumindest ein starker Charakterzug - für die Fehlkalkulation beim TSV 1860 die volle Verantwortung. Anders wäre Scharold aus dieser Nummer auch nicht mehr herausgekommen. “Ich hatte zu ambitionierte Erlösplanungen im Sponsoring. Daraus müssen wir lernen. Ich übernehme dafür die Verantwortung”, erklärte der Bad Endorfer und entkräftete vor den Augen von Vize-Präsident Hans Sitzberger (“Mia kehrn zam!”) damit die Vorwürfe gegen die sportliche Kommandobrücke: “Natürlich ist keiner mit der momentanen Situation zufrieden. In Zukunft müssen wir konservativer an die Sache rangehen.”

Deutlich über 500.000 Euro fehlten am Ende in Scharolds Kalkulation. Dass diese Zahlen nicht eingehalten werden konnten, führte Scharold auch darauf zurück, dass es in den letzten Monaten wieder recht turbulent bei 1860 zuging: Die Basis für Sponsorengespräche sind Planungssicherheit, Ruhe und ein gemeinsamer Weg.” Davon sind die Löwen aber meilenweit entfernt, auch weil Präsident Robert Reisinger bis heute nicht das Gespräch mit Hasan Ismaik gesucht hat. Nach db24-Informationen ist zudem nicht gesichert, dass alle Sponsoren aus der diesjährigen Saison auch in der neuen Spielzeit weitermachen.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass sich ein Geschäftsführer beim TSV 1860 verrechnet: Auch Ex-Boss Robert Schäfer passierte dieses Malheur. Mehrheitsgesellschafter Ismaik glich die Millionen damals aber noch bereitwillig aus.

Was Finanz-Experte Scharold am Donnerstag im dritten Stock der Geschäftsstelle auch klarstellen wollte: Der Etat lag in der abgelaufenen Saison nicht bei 4,5 Millionen Euro, wie öfter kolpotiert, sondern nur bei 3,75 Millionen Euro. Um für die neue Saison auf ein Drei-Millionen-Budget zu kommen, muss der TSV 1860 auch noch einen Spieler verkaufen. Sport-Geschäftsführer Gorenzel muss jetzt abwägen, ob ein Talent oder ein erfahrener Spieler verkauft wird. Die Kandidaten: Efkan Bekiroglu, Nico Karger, Leon Klassen und U17-Talent Niklas Lang. Auch der sympathische Angreifer Markus Ziereis, der seine Drittliga-Tauglichkeit bislang schuldig blieb, soll ein Kandidat für einen Wechsel sein. “Wir unternehmen jetzt den Versuch, Erlöse zu generieren, um bis zum Trainingsauftakt noch zwei Spieler zu verpflichten”, erklärte Scharold. Auch Hauptsponsor “Die Bayerische” will mit einer kurzfristigen finanziellen Aufstockung des Sponsoring-Pakets aushelfen - als Gegenzug erwartet sich der Versicherer aus Neuperlach allerdings eine weitere Gegenleistung.