VON OLIVER GRISS

Jetzt kommen sie raus, die sogenannten Fußball-Experten an Stammtischen und die Schlaumeier im Internet: Sie kritisieren Löwen-Trainer Daniel Bierofka für zuletzt fünf Liga-Pleiten in Folge und ziehen daraus Rückschlüsse auf seine Arbeit. Tatsächlich hat der TSV 1860 seit dem 1:1 in Braunschweig nicht mehr gepunktet, auch, weil zahlreiche Fehlentscheidungen der Unparteiischen ein besseres Ergebnis verhindert haben. Natürlich war der Witz-Elfer, der bei der 2:5-Pleite in Zwickau zum 1:2 führte, nicht spielentscheidend - aber dennoch will gesagt sein: Wer irgendwann mal höherklassig Fußball gespielt hat, weiß, dass solche kuriosen Entscheidungen eine Mannschaft schon einmal aus der Spur bringen können. Fußball ist vor allem auch Kopfsache. Und bei 1860 häufen sich - warum auch immer - in letzter Zeit die Fehlentscheidungen der Referees. Trotzdem: Die negativen Ergebnisse kommen zum schlechtesten Zeitpunkt.

Wer schnell vergisst, dem sei aber gesagt: Bierofka hat vom ersten Spieltag an gesagt, dass es bis zur 38. Runde ein Kampf um den Klassenerhalt in der Dritten Liga werde. Und damals hatte man noch das Gefühl, der Verein habe endlich aus seinen Fehlern gelernt und keinen Bock mehr auf interne Machtkämpfe. Von wegen. Kurz vor der Winterpause ging’s richtig los, als Präsident Robert Reisinger ohne Not den Konsolidierungskurs ausrief und die Unsicherheit bei vielen Spielern auslöste - und das obwohl ein gemeinsamer Zweijahresplan vereinbart war. Dazu wurde mit Adriano Grimaldi der beste Torschütze zum KFC Uerdingen verkauft. Unter Preis. Für 100.000 Euro! Zuschläge gibts vorerst nicht. Das Löwen-Motto: Hauptsache weg von der Gehaltsliste. Ein Signal, das leider nur wenige verstanden haben…

Und obwohl Bierofka signalisierte, er brauche dringend Verstärkung für den Kader, wurde ein Spieler namens Prince Owusu für ein halbes Jahr von der Bielefelder Ersatzbank verpflichtet. Er kann nicht ansatzweise Grimaldi das Wasser reichen. Dazu hat sich früh Mittelfeldarbeiter Quirin Moll das Kreuzband gerissen. Für die letzten zwei Wochen fehlt zudem der bundesliga-erfahrene Stefan Lex - er geht auf Krücken.

Die Quintessenz der Geschichte: Keiner braucht sich wundern, dass der TSV 1860 wieder um seine sportliche Existenz kämpft. Und was vor allem den Fans die Augen öffnen sollte: In der nächsten Saison, falls der Klassenerhalt geschafft wird, wird’s noch schwerer, die Liga zu halten, zumal Mannschaften wie Waldhof Mannheim, Chemnitz, Duisburg oder Bayern II dazustoßen werden. Stand jetzt wird der TSV 1860 keine neuen Spieler verpflichten können. Ist das die Perspektive der Löwen, mit der man sich anfreunden will?