VON OLIVER GRISS

Seit 30 Jahren begleite ich den TSV 1860 journalistisch: Erst für lokale Blätter, dann 12 Jahre für die Münchner Abendzeitung und seit knapp acht Jahren für mein eigenes Projekt dieblaue24. Es war im Kindesalter von sechs Jahren mein Traum, eines Tages über diesen großartigen Verein schreiben zu dürfen.

Bewusst habe ich diesen Klub gewählt, weil er anders ist: Kultig, emotional, aber leider auch seit Jahren chronisch erfolglos und chaotisch. Die Wurzeln, warum dieser Klub nicht dauerhaft in die Erfolgsspur einbiegen kann, liegen tiefer. 1860 war oft eine Plattform für Profilneurotiker und leider auch eine Bühne für Selbstdarsteller, die nach Akzeptanz in der Gesellschaft suchten.

Der Samstagnachmittag bei der 2:5-Pleite in Zwickau war so ein Moment, in dem man sich als Berichterstatter des TSV 1860 fremdschämen musste: Im 1860-Fanblock hielt ein sogenannter Löwen-Fan bei brennenden Pyro-Fackeln ein Plakat hoch: “Ossi Schweine”. Der Banner zeigte ein Schwein inklusive Messer. Dazu brüllten viele Fans: “Baut die Mauer wieder auf.”

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In den letzten Stunden habe ich einige Beschwerde-Mails zu diesem peinlichen Vorfall bekommen. Auch von Menschen aus dem Osten der Republik, die den TSV 1860 nach der Wende kennen- und lieben gelernt haben und gestern ihre Löwen unterstützen wollten. Sie wundern sich über die neuen menschenverachtenden Töne aus München-Giesing - und auch darüber, warum sie von 1860 diese Plattform bekommen. Fussball soll verbinden, neue Freundschaften knüpfen und die Menschen vereinen - aber keinesfalls spalten und friedliche Menschen an den Pranger stellen.

Der TSV 1860 muss seine Fanproblematik schnellstens in den Griff bekommen und durchgreifen. Nicht mit leeren Worten, sondern mit Taten - und beim FSV Zwickau und allen ostdeutschen Bürgern muss man sich für diese Entgleisung nur aufrichtig entschuldigen.

Sorry!