VON OLIVER GRISS

Christine und Wolfgang Fendt ziehen aus dem 1860-Jugendinternat aus: Sie hat alle Jung-Stars von den Benders bis Volland kommen und gehen sehen - am 13. Mai kommen die Möbelpacker - traurige Erinnerungen an die Wildmoser-Verhaftung

Christine Fendt (58) sitzt auf ihrer Eckbank und blickt schon jetzt mit Wehmut zurück: "Es war eine wunderschöne Zeit bei 1860 - aber jetzt ist Schluss." Am 13. Mai kommt das Umzugsunternehmen und packt Möbel und alle Erinnerungen ein. Die Fendts, die wie Löwenstüberl-Wirtin Christl Estermann, inzwischen zum Inventar beim Zweitligisten gehören, ziehen zurück in ihre Heimat nach Altenmünster und beenden ihren Job als Herbergs-Eltern des 1860-Jugendinternats.

Im Juni 2003 waren die Fendts ins gerade fertiggestellte Internat an der Grünwalder Straße 114 eingezogen - und haben bis heute viele Bundesliga-Stars, die bei 1860 ihre Ausbildung absolvierten, kommen und gehen gesehen: Die Bender-Zwillinge, Timo Gebhart, Peniel Mlapa, Moritz Leitner, Daniel Baier, Julian Baumgartlinger, Kevin Volland oder Marcel Schäfer. Viele sind den Fendts ans Herz gewachsen. Und Wolfgang Fendt, der als Busfahrer beim TSV 1860 angefangen hat und inzwischen Zeugwart ist, sagt grinsend: "Mit meiner Frau hat Marcel Schäfer oft gestritten. Er hatte damals ein Problem damit, dass ihm ein Frau anschaffte, die Spülmaschine auszuräumen oder die Flaschen zu entsorgen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich Marcel bei meiner Frau dafür entschuldigt hat…"

Dass durch die vielen Personal-Wechsel bei 1860 auch die familiäre Atmosphäre, die früher den Verein unter Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser auszeichnete, litt, findet Christine Fendt bedauerlich: "Früher hatte ich zu den Talenten einen ganz anderen Bezug. Da war's noch familiär - doch jetzt redest du bei den jungen Kerlen gegen eine Wand. Wahrscheinlich bin ich auch zu alt für ein Jugend-Internat. "Wolfgang Fendt hört seiner Frau gespannt zu - und ergänzt ein wenig besorgt: "Früher habe ich den Nikolaus gemacht, Gedichte geschrieben - heute sitzen die Jungs lieber vor der Playstation." Das Problem ist die Facebook-Generation: Wichtiger als zwischenmenschliche Beziehungen ist heutzutage die virtuelle Welt. Mit Thomas Häßler, dem einstigen Super-Star des TSV 1860, war das noch anders: "Er war ein Super-Typ ohne Allüren", sagt Christine Fendt, die zwei Jahre lang seine Fanpost erledigt hat. "Da war dann schon mal der ein oder andere Liebesbrief dabei", verrät die Löwen-Mama: "Jeden zweiten Tag hat uns der Icke eine Plastiktüte voller Autogrammwünsche überreicht." 

Die Fendts haben in den letzten neun Jahren viel erlebt an der Grünwalder Straße - atemberaubend war für sie vor allem die Verhaftung des inzwischen verstorbenen Ex-Präsidenten Wildmoser im März 2004. "Wir haben aus dem Fenster geschaut", erzählt Christine Fendt, "und da wurde Wildmoser in Handschellen abgeführt. Das war schon ein trauriger Moment. Das Trainingsgelände war voller Polizei. Das war schon heftig. Wildmoser hat uns per Handschlag eingestellt - und auf einmal war er nicht mehr da." 

Während seine Frau bei 1860 gekündigt hat, wird Wolfgang Fendt weiter Löwen-Zeugwart bleiben. "Ich will das auf jeden Fall noch bis 63 machen und pendeln", sagt der ehemalige Funktionär des SC Altenmünster, der den Verein in den 90er Jahren von der B-Klasse bis in die Bezirksoberliga geführt hatte. Was er bei diesem Amateurklub geschafft hat, würde er auch nochmal gern mit dem TSV 1860 erleben. Vielleicht beflockt Fendt bald mögliche Aufstiegstrikots…

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