VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (MIS)

Wenn 1860-Boss Robert Reisinger große Interviews gibt und seine Sichtweise erklären will, dann im “Wochenanzeiger”. Der 54-Jährige spricht darin über:

Platz 9 zur Winterpause: “Das ist für einen Aufsteiger schon in Ordnung. Die sportlich Verantwortlichen haben sich, glaube ich, selbst etwas mehr erhofft. Nicht zuletzt wegen der Spieler, die im Sommer zusätzlich zum ursprünglich geplanten Budget angeheuert wurden. Aber dazu fehlte in manchen Partien einfach auch das nötige Spielglück. Wir müssen uns in Geduld üben.”

die Kritiker, die den Spielstil hinterfragen: “Ach ja? Wer denn? Konsolenzocker und Champions-League-im-Fernsehen-Schauer ohne Kenntnis von der Realität in der Dritten Liga? Ich hab für dieses Expertentum kein Verständnis. Von Träumereien habe ich genug. Wer Parolen wie die vom direkten Durchmarsch in die Welt setzt, schadet dem Verein.”

seine sportlichen Ziele: “Wir wollen und wir werden in absehbarer Zeit wieder in die Zweite Bundesliga zurückkehren. Aber mit wirtschaftlich vertretbarem Handeln. Wobei die Dritte Liga von heute nicht mehr mit der von vor zehn Jahren vergleichbar ist. Die Liga hat mittlerweile deutlich an Attraktivität gewonnen.”

die schwarze Null in der Bilanz: “Der TSV 1860 hat das auch in der Zweiten Liga nie getan. Die Bilanz aus der letzten Zweitligasaison 2016/2017 ist für jedermann im Bundesanzeiger einsehbar. Für mich das ein Dokument des Grauens und der Unvernunft (Reisinger saß in dieser Zeit im Aufsichtsrat des TSV 1860, d. Red.). Am Ende stand der Totalabsturz. Aber es folgte auch ein Neubeginn, bei dem wir die alten Fehler nicht wiederholen dürfen.”

das Vertrauen in Bierofka/Gorenzel: “Es braucht nicht zwingend einen Spitzenetat, um eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen, wenn man sein Handwerk gut versteht. Andere Vereine machen uns das vor. Wir sind nicht zufällig in der Relegation an Jahn Regensburg gescheitert. Ich glaube an die sportlich Verantwortlichen bei uns – die können das auch. Wenn sie die nötige Zeit dafür bekommen.”

die Annahme von Krediten in Form von Genussscheinen: “Was sollte ich tun? Praktisch sind die Genussscheine erst relevant, wenn das Unternehmen Gewinn macht. Hätte ich in der damaligen Situation auch das kategorisch abgelehnt, wäre das Präsidium politisch tot gewesen. Bierofka galt den Medien beinahe als Heiliger und hat offen mit seinem Abschied kokettiert, wenn die Mittel nicht angenommen worden wären.”

die Rolle von Bierofka und Gorenzel bei Ismaiks Millionen-Versprechen: “Ich glaube nicht, dass die beiden in jedem Moment verstanden haben, was da gerade passiert. Sie wollten das Beste für sich und den Klub und dachten, sie könnten den Tiger reiten. Aber auch sie haben ihre Lektion gelernt. Man muss sehen, wäre alles gut gelaufen, hätte das sogar zum Umschwung führen und ein neues Kapitel in der Beziehung der Gesellschafter aufgeschlagen werden können. Aber am Ende war es das gleiche Gezerre wie immer. Als es darum ging, den großen Worten Taten folgen zu lassen, mussten wir wieder zittern und mahnen und am Ende wurde das verspätete Einhalten eines lange gegebenen Versprechens von den Vertretern unseres Mitgesellschafters noch zur menschlichen Großtat stilisiert. Das Ganze auf dem Rücken von Mitarbeitern. Wie soll ich dazu applaudieren?”

mögliche Transfergewinne: “Sollten damit Schulden getilgt werden, ist das Geld auch nicht rausgeworfen. Aber unser Mitgesellschafter ist selbst Kaufmann und wird sein Unternehmen nicht ausbluten lassen. Schließlich will er seine Anteile wieder im Wert steigen sehen.”

die Vorwürfe, dass er Ismaik aus dem Verein drängen will: “Das kann ich gar nicht. Unserem Mitgesellschafter gehören 60 Prozent des gemeinsamen Unternehmens. Er ist ein unbestrittener Teil des TSV 1860 München. Ich hab das nie anders kommuniziert. Hinter solchen Mitteilungen steckt der Versuch, das Präsidium als Vereinsvertreter zu diskreditieren. Wir werden vermutlich noch einige Kampagnen in der Hinsicht erleben. Ich mach mir da keine Illusionen. Was ich als Vertreter des Vereins von Hasan Ismaik und seinen Handlungsbeauftragten will, ist überhaupt nicht kompliziert: das verlässliche Einhalten gegebener Zusagen und getroffener Vereinbarungen – rechtzeitig und ohne, dass erst eine öffentliche Affäre daraus werden muss. Wenn das gewährleistet ist, bin ich der Erste, der die Hand reicht und die Vergangenheit Vergangenheit sein lässt.”