VON OLIVER GRISS

Es war ein paar Monate vor seinem Rauswurf beim TSV 1860: Als AZ-Reporter hatte ich mich im Herbst 2000 getraut, das damalige Löwen-Talent Benny Lauth als möglichen Sturm-Kandidaten für die Bundesliga-Mannschaft zu fordern - die Reaktion von Werner Lorant war allerdings negativ und hochemotional: “Dieser Journalist hat von Tüten (Tuten, d. Red.) und Blasen keine Ahnung”, fauchte der Löwen-Trainer seinerzeit im dritten Stock der Geschäftsstelle: “Da haben wir bessere als Lauth.” So war Werner Lorant: Wenn ihm irgendwas nicht in den Kram passte, dann ging er in den verbalen Zweikampf (“Was willst Du Amateur?”) - egal ob Journalist, gegnerischer Trainer oder Schiedsrichter. Lorant kämpfte für den TSV 1860. Mit allen Mitteln - und genau das machte ihn zum legendären Kult-Trainer. Zu einer der größten Marken in den 90er Jahren im deutschen Fußball. Kein anderer Löwe hat so polarisiert wie Lorant. Er allein hat dafür gesorgt, dass dem Boulevard nie die Geschichten ausgingen.

Lorant hat beim TSV 1860 eine beispielslose Erfolgsstory geschrieben, über eine Strecke von mehr als zehn Jahren war er Löwen-Dompteur. Er führte den Klub von den Niederungen der Bayernliga bis in die Champions League-Qualifikation. Unvergessen sind seine beiden Derby-Siege gegen den FC Bayern in der Saison 99/00. Platz vier in der Bundesliga. Andere würden sagen: Das ist ein Lebenswerk.

Doch die bittere 0:1-Pleite im August 2000 gegen Leeds United war der sportliche Wendepunkt - von da ging es mit dem Lieblingsverein der Münchner bergab. Und nach einem 1:5 gegen den FC Bayern im Oktober 2001 und einer Spielerrevolte (viele Profis meldeten sich krank) reagierte Präsident Karl-Heinz Wildmoser und entließ seinen wichtigsten Mitarbeiter - und das womöglich auch nur, weil der Druck aus dem eigenen Aufsichtsrat immer größer wurde. Vor allem der damalige OB Christian Ude und Hep Monatzeder spielten mit ihrer öffentlicher Kritik an Lorant (Thema: Benehmen) die Rolle der Königsmörder.

Mit der Berufs- und Lebenserfahrung von heute muss ich sagen: Es war eine der größten Fehlentscheidungen des TSV 1860, Werner Lorant zu entlassen und sich von Politikern lenken zu lassen. Lorant ist ein Unikat, das nicht nur den Fußball (auch heute noch) versteht, sondern das Talent hatte, aus Fußballern alles herauszupressen. Umso unverständlicher ist es, dass Lorant noch heute im Klub als Gegner und nicht als Freund des Hauses gesehen wird.

Und wer weiß: Vielleicht kann Daniel Bierofka sein Vorbild irgendwann beim TSV 1860 beerben und dieselbe Erfolgsstory wie Lorant schreiben.

Alles Gute, Werner!