VON OLIVER GRISS

Nach zehn Spieltagen wollte Daniel Bierofka ein erstes Zwischenfazit ziehen…

Wir übernehmen das für den in Hennef weilenden Trainer: Der TSV 1860 hat den Übergang von der Regionalliga in die Dritten Liga gemeistert. Die Bilanz der Bierofka-Elf ist bislang ausgeglichen: Drei Siege stehen drei Niederlagen gegenüber. Dazu kommen vier Unentschieden, zuletzt das 1:1 gegen Würzburg. Und das war keine Laufkundschaft.

Für einen Aufsteiger ist die Ausbeute ordentlich. Was Mut für die Zukunft macht: Bislang wurden die Löwen von keiner Mannschaft hergespielt - ein Gefühl, dass die Fans von Münchens großer Liebe lange nicht kannten. Auf dem Platz stehen wieder Löwen, die rennen, kämpfen, leiden - und auch mal Fehler (menschlich) produzieren. Zu einem Entwicklungsprozess gehören auch Rückschläge.

Wenn man den Löwen im bisherigen Saisonverlauf einen Vorwurf machen kann, dann, dass sie entscheidende Gegentore immer wieder in der Schlussphase kassieren. Würden die Spiele nach 81 Minuten abgepfiffen, stünden die Löwen auf Platz 1. Der Fluch der späten Gegentore kostet der Mannschaft bislang Punkt um Punkt, was natürlich auch auf die fehlende Routine in der Abwehrkette zurückzuführen ist: Der etwas hölzern wirkende Kapitän Felix Weber spielt mit 23 Jahren seine erste Drittliga-Saison. Sein Nebenmann Simon Lorenz ist erst 21 und war bis zu seinem Wechsel zu 1860 gänzlich ohne Drittliga-Praxis. Nicht anders die Lage bei Herbert Paul: Der 24-jährige Abwehrspieler hat vergangene Saison noch in Schweinfurt gespielt. Auch der 21-jährige Torwart Marco Hiller ist ohne Erfahrung. Und der junge Löwen-Trainer Daniel Bierofka (39) opfert sich mit seiner Doppelbelastung für den Verein regelrecht auf. Wer diese Fakten nicht sieht, blendet die Realität völlig aus.

Deswegen sollte man dieser neuen Mannschaft, die uns im bisherigen Saisonverlauf mehr Freude als Leid bereitet hat, gedeihen lassen und nicht schon wieder alles in Frage stellen. Natürlich, Kritik gehört zum Fußball, aber sie sollte auch fundiert sein. Beim TSV 1860, klammern wir den politischen Bereich aus, fehlen nur Nuancen, um auf Dauer auf die Erfolgsspur zu gelangen. Deswegen sollte man die Löwen wachsen lassen. Will man den Prozess festigen bzw. beschleunigen, braucht man in der Winterpause Verstärkungen für die Innenverteidigung und für das offensive Mittelfeld. Und Verstärkungen kosten Geld. Und dann wären wir wieder bei unserem Lieblingsthema: Die Finanzen bei 1860.