VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Werner Lorant (69) war bei 1860, aber auch bei Unterhaching Trainer - das db24-Interview mit dem einstigen Löwen-Dompteur vor dem Drittliga-Derby im Sportpark (heute, 19 Uhr, dieblaue24-Liveticker). “Dass ich nach Unterhaching gegangen bin, das war im nachhinein ein großer Fehler”, erklärte Lorant: “Wer 1860 trainiert hat, darf das nicht machen. Ich habe mich aber von Anton Schrobenhauser überreden lassen…”

db24: Herr Lorant, sind Sie heute im Sportpark, um sich das Duell Ihrer beiden Ex-Vereine anzusehen?

WERNER LORANT: Nein, leider ist mir etwas dazwischen gekommen. Ich muss am Mittwochabend kurzfristig nach Österreich. Was ich unbedingt erwähnen will: Manni Schwabl hat mich vor ein paar Tagen kontaktiert und mir zwei VIP-Karten angeboten. Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe bei der SpVgg Unterhaching keine einfache Zeit gehabt, aber der Manni weiß, was sich gehört. Da kann 1860 viel von ihm lernen.

Wieso?

Schauen Sie: Ich war ja nicht irgendein Trainer bei 1860, bin zudem Ehrenmitglied im Verein - aber meinen Sie, dass mir der Verein eine Ehrenkarte zuschickt oder mich zu einem Spiel einlädt? 1860 macht immer auf Traditionsverein, aber denkt nicht an die, die den Verein groß gemacht haben. Ich glaube, dass es 1860 gut zu Gesicht stehen würde, wenn viele Ehemalige auf der Tribüne sitzen würden. Auch wenn die Löwen-Fans vielleicht jetzt beleidigt sind: Ich bin maßlos enttäuscht von diesem Verein und fühle mich von 1860 vergessen. Ich verstehe jetzt auch den Groll von Petar Radenkovic immer besser.

Immerhin hat der TSV 1860 im Sommer den Aufstieg in die Dritte Liga gepackt.

Ja, und jetzt meinen alle, sie können sich wieder zurücklehnen. Dritte Liga? Ich lach’ mich tot. Wo sind die Visionen, wo ist die Euphorie? Es kann doch nicht sein, dass man sich feiert, weil 15.000 Zuschauer im Grünwalder Stadion sind. Sechzig ist ein großer Klub mit sehr vielen Fans - und dementsprechend muss auch gehandelt werden.

Sie werden aber wohl kaum abstreiten, dass Daniel Bierofka ein Geschenk für 1860 ist und dazu beiträgt, dass der Verein wieder an Format gewinnt.

Natürlich nicht. Aber Bierofka alleine kann er das nicht stemmen. Er braucht Hilfe. Glauben Sie, dass ich das bei 1860 alleine geschafft habe. Ohne Karl-Heinz Wildmoser hätten wir nie diesen Erfolg gehabt. Er hat mir vieles abgenommen - und genau so einen braucht Bierofka. Er muss den bedingungslosen Rückhalt spüren. Das sehe ich nicht. 1860 bräuchte beispielsweise einen guten offensiven Mittelfeldspieler - der fehlt im Kader.

Heutzutage ist die Konstellation bei 1860 allerdings ein wenig anders: Der Präsident spielt eine eher untergeordnete Rolle.

Hören Sie mir auf! Warum ist Reisinger dann mittlerweile immer beim Fußball und nicht beim Kegeln? Er genießt doch die Aufmerksamkeit auch. Dann soll er auch etwas dafür tun, dass es mit dem Profifußball wieder aufwärts geht. Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es Bierofka an nichts fehlt, kurz: Er muss das Kapital anschaffen.

Sie betonen immer wieder, dass Hachings Präsident Manni Schwabl eigentlich bei den Blauen sein müsste…

So ist es! Deswegen sage ich klipp und klar: Wenn 1860 irgendwann wieder einen Präsidenten sucht, kann dieser nur Schwabl heißen. Er ist ein Menschenfänger. Genau so einen braucht 1860, um wieder richtig durchzustarten. Manni ist sehr intelligent. Er hat schon als Fußballer immer seine Arbeit gemacht. Der Manni hat nur ein Handicap: Er ist beim falschen Verein Präsident. Ich finde, Schwabl passt viel besser zu 1860 als zu Haching. Schwabl würde sich super verstehen mit Bierofka.

Wie fällt Ihr erstes sportliches Fazit über 1860 aus?

Ich habe fast alle Spiele gesehen - bei der 1:2-Niederlage gegen Wehen hat überhaupt nichts gepasst. Da haben die Löwen ohne Gegenwehr verloren. Das hatte mit dem groß angekündigten Offensivfußball wenig zu tun. Ich habe mich gelangweilt. Deswegen rechne ich beim Derby in Unterhaching mit einem Unentschieden - ich würde mich freuen, wenn ich falsch liege und 1860 gewinnt.

Robert Reisinger hat zuletzt im AZ-Interview von einer Annäherung mit Hasan Ismaik gesprochen. Können Sie sich das vorstellen?

Bevor er so etwas sagt, soll er sich erst einmal öffentlich bei Hasan Ismaik entschuldigen und ihn auf seine Seite ziehen. Sagen kann ich viel in der Öffentlichkeit, aber ich muss es auch tun. Natürlich hat auch Ismaik Fehler gemacht, aber er hat das Geld gegeben, dass andere verbraten haben. Wenn ich so einen fußballverrückten Mäzen habe, dann muss ich ihn auch streicheln. Reisinger muss endlich über seinen Schatten springen und mit ihm reden. Ich habe keine Signale, dass er das schon persönlich getan hat.

Ein Dauerthema ist auch das Grünwalder Stadion.

1860 gibt es nur im Grünwalder - Ende! Aber 1860 verhält sich, soweit ich das beurteilen kann, vor der Stadt wie das Kaninchen vor der Schlange - so nach dem Motto: Nur keinen Fehler machen. Der Verein muss endlich in die Offensive, er hat doch soviele Fans im Rücken. Das Grünwalder Stadion muss endlich bundesliga-tauglich gemacht werden, aber mit einer Kapazität, mit der alle leben können. Aber hört mir auf, dass 20.000 oder 22.000 reichen. 1860 ist ein Sympathieträger der Stadt, deswegen muss auch der Oberbürgermeister helfen. Und wenn nicht, dann haben vielleicht auch die Bayern wieder ihre Finger im Spiel, um das Aufstehen des Vereins zu verhindern.