VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Wenn Benny Lauth heute an die Grünwalder Straße kommt, dann wird der einstige Publikumsliebling von den Fans immer mit offenen Armen empfangen. Die Frage, die der Ex-Nationalspieler, der inzwischen dreimal die Woche für den kostenpflichtigen Sport-Streamsender DAZN als Co-Kommentator arbeitet, neben den Autogrammwünschen am häufigsten hört: “Wann kommst Du wieder zu Sechzig?” Das db24-Interview mit dem 37-jährigen Sympathieträger:

dieblaue24: Der TSV 1860 steht vor dem Auswärtsspiel in Rostock (heute, 14 Uhr, dieblaue24-Liveticker) auf Platz vier der Dritten Liga: Herr Lauth, was haben Sie für einen Eindruck von den runderneuerten Löwen?

BENNY LAUTH: Ich war beim 2:0 gegen Cottbus als Co-Kommentator von Telekom Sport im Grünwalder Stadion - und ich muss sagen: Das war wieder eine sehr engagierte Leistung, wie auch in allen vorangegangenen Partien. Leider wurden unnötig ein paar Punkte verschenkt: 1860 könnte ganz vorne stehen, auch wenn Haching in Cottbus kurz vor Schluss ebenfalls zwei Punkte verloren hat. Ich habe in jedem Spiel eine Steigerung gesehen: 1860 hat immer gut gespielt, und wenn man dann - wie gegen Uerdingen - unglücklich mit 0:1 verliert, dann verzeihen auch die Fans Niederlagen.

Was trauen Sie 1860 in dieser Saison als Aufsteiger zu?

1860 wird eine gute Rolle in der Dritten Liga spielen. Es hilft natürlich ungemein, dass viele Neuzugänge sofort funktionieren, allen voran Adriano Grimaldi. Als Stürmer ist es wichtig, wenn du sofort triffst. Selbst beim 0:1 in Kaiserslautern hat er eine richtig gute Aktion gehabt, als er den Ball an den Pfosten schießt. Man sieht, dass er sich bei 1860 wohl fühlt und eine sehr hohe Qualität hat. Es ist kein Zufall, dass Grimaldi in der Vorsaison für Preußen Münster 15 Treffer erzielt hat. Aus meiner Sicht war es sehr klug von 1860, dass sie mit Grimaldi einen Top-Spieler aus der selben Liga verpflichtet haben. Wenn man einen Vergleich mit dem letzten Gegner Cottbus zieht: In der Relegation wäre es meiner Meinung nach schwer gewesen, dass 1860 gegen Cottbus besteht - aber der Sieg vor zwei Wochen war beeindruckend. Der hat nichts mit Aufstiegseuphorie zu tun, sondern mit Qualität.

Die Mannschaft trägt immer deutlicher die Handschrift von Daniel Bierofka…

(lacht): Genau so ist es: Immer Vollgas und Leidenschaft - das haben die Löwen in allen bisherigen Spielen gezeigt. Jetzt fehlen nur noch die Feinheiten. Wenn man die letzten Löwen-Trainer so durchgeht, haben immer nur die Erfolg gehabt, die auch für den Verein gespielt haben: Peter Pacult, Reiner Maurer und jetzt Daniel Bierofka. Biero weiß, wie Sechzig tickt. Das ist ein großer Vorteil.

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Sie haben zur aktiven Zeit in den Trainingslagern oder vor den Spielen mit Bierofka das Zimmer geteilt: Konnten man damals schon ahnen, dass ihr Freund den Weg in die Trainerbranche einschlagen wird?

Bei Biero hat sich schon immer alles um den Fußball gedreht - es war für mich klar, dass er dem Fußball in irgendeiner Weise verbunden bleibt. Biero hat dann nach seiner Karriere sofort die Möglichkeit bekommen, als Trainer der U16 zu arbeiten. Kurz danach war er U21-Coach. Biero konnte sich das nicht groß aussuchen, sondern wurde fast ins Amt gedrängt. Ich denke, sein Vater Willi, der ja früher selbst Spieler und Trainer bei 1860 war, hat ihn auch ein bisschen zu dem gemacht, was er heute ist.

Wo sehen Sie 1860 in den nächsten drei Jahren?

Ich will gar nichts anfeuern: Mir ist nur wichtig, dass der Verein eine gute Rolle spielt und nichts mit dem Abstieg zu tun hat. Aber irgendwann muss Sechzig wieder zwangsweise aufsteigen - und dann kommt der Druck früh genug.

Verraten Sie uns Ihren aktuellen Beziehungsstatus mit 1860: Verheiratet oder geschieden?

(lacht): Ich würde eher sagen: Wir gönnen uns gerade eine Auszeit. Ich werde dem Verein immer verbunden bleiben. Ich verfolge alles ganz genau. Sollte irgendwann der Tag kommen, an dem beide Seiten das Gefühl haben, dass es passt, dann bin ich gerne bereit mitzuhelfen, damit es in die richtige Richtung geht.

Wann gab’s den letzten Kontakt?

Es gab immer mal wieder Gespräche, aber nicht mit den aktuellen Leuten. Der letzte Kontakt war mit Ian Ayre. Das wäre für mich sehr interessant gewesen, unter ihm als Assistent zu arbeiten. Leider kam´s nach dem Abstieg nicht mehr dazu.

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Sehen Sie den Verein jetzt endlich auf dem richtigen Weg?

Der Biero deckt den Sport ab. Er versucht seinen Bereich auf Top-Niveau zu bringen. Mehr kann er auch nicht machen: Es ist nicht seine Aufgabe, auch noch zwischen den Gesellschaftern zu vermitteln. Er hat in den letzten Monaten soviel für den Verein geleistet. Wenn man über die Zweite Liga oder die Bundesliga spricht, dann muss auch alles andere bei 1860 stimmen - und da sind wir, glaube ich, noch weit davon entfernt.

Warum?

Ganz einfach: Es gibt immer noch zwei Lager, bei denen man nicht das Gefühl hat, dass sie sich annähern. Solange man sich nicht die Hände reicht und alles auf Null stellt, wird’s schwierig, den Verein irgendwann mal wieder erstklassig zu machen. Es wird nur funktionieren, wenn Klubseite und Hasan Ismaik miteinander arbeiten. Und dann haben wir auch noch die ständige Stadion-Diskussion bei 1860…

Wie sehen Sie dieses leidige Thema?

Ehrlich? Ich gehe wahnsinnig gerne ins Grünwalder Stadion und es wäre der Traum von allen, das auszubauen. Ein neues Stadion in Giesing mit allem drum und dran, das wäre das absolute Highlight und ein Meilenstein. Aber diesen Gedanken verfolgt man seit fast 20 Jahren. Lösungen gibt es nicht. So schön es in Giesing auch ist, aber wenn es nicht möglich ist, in diesem Stadion irgendwann mal wieder Bundesliga zu spielen, dann muss man das akzeptieren und andere Wege gehen. Das ist die größte Herausforderung.