VON OLIVER GRISS

Sind wir doch mal ehrlich: Für diejenigen, die dem TSV 1860 noch in der Bundesliga zugejubelt haben, war die vergangene Regionalliga-Saison eine seelische Tortur. Natürlich, der Löwe konnte sich auf der Tingeltour über die bayerischen Dörfer neu erfinden und neben dem Heimatgefühl im altehrwürdigen Grünwalder Stadion auch Fußball ohne großes Marketing und VIP-Logen aufsaugen - aber das ist nicht das, was ein Fußballfan mit Ansprüchen im tiefsten Herzen wirklich will: Er will Sport mit Niveau sehen - und der geht eben langsam in der Dritten Liga los.

Willkommen zurück auf der großen Bühne. Zwischen 35.000 und 40.000 Zuschauer werden am Samstag das Profi-Comeback des TSV 1860 in Lautern verfolgen. Zudem überträgt die ARD diesen Klassiker der beiden Altmeister live. Ganz Deutschland wird mitbekommen, dass die Löwen wieder leben - und dass die nervende Politik von Vereinsmeiern nur von minimaler Bedeutung ist. Die Macher des TSV 1860 2.0 sind Daniel Bierofka und Günther Gorenzel. Dass die Löwen eine konkurrenzfähige Mannschaft auf dem Platz haben, dafür hat Hasan Ismaik gesorgt, auch wenn das seine Kritiker natürlich nicht gerne lesen. Zwei Millionen Euro hat der Jordanier zugesichert, damit Bierofka seine Ziele umsetzen kann. Und allen sei gesagt: Wer den Sport stört und dagegen arbeitet, stört auch 1860. Das gilt für Ismaik, aber auch für alle anderen 1860-Funktionäre. Die erste Fußball-Mannschaft ist das Aushängeschild des Klubs, erst dann kommen die Kegler, Turner oder Leichtathleten. Es muss alles dafür getan werden, dass sich diese Mannschaft entwickeln und Trainer Bierofka in Ruhe arbeiten kann. Gorenzel hat vor einigen Wochen gegenüber dieblaue24 einen entscheidenden Satz gesagt: “Wenn die Gesellschafter zusammen arbeiten, dann ist 1860 nicht aufzuhalten.”

Nicht aufzuhalten wie in der Saison 1999/2000, als die Löwen am letzten Spieltag mit einem 1:1 auf dem Betzenberg die Champions League-Qualifikation sicherten und direkt aus der Pfalz mit dem Mannschaftsbus in die damalige Nobel-Diskothek P1 zum Feiern fuhren, um die Sektkorken knallen zu lassen.

Diese Zeit ist unvergessen, auch deshalb, weil in dieser Saison nicht selten die eigentlichen P1-Platzhirsche Oliver Kahn oder Stefan Effenberg im VIP-Bereich in der Prinzregentenstraße den Abgang machten, als Häßler & Co. als Stadtmeister in den Club reinmarschierten. Ach, die gute alte Zeit. Lassen wir das: Freuen wir uns auf Bieros Jungs! Vorhang auf für die Löwen 2018/2019!

Oliver Griss schreibt seit 1989 über die Löwen, darunter zu Bundesliga-Zeiten 12 Jahre für die Abendzeitung München. Im Jahr 2011 hat der in Neuhausen aufgewachsene Griss db24 gegründet.