VON OLIVER GRISS

Matthias Pantke ist ein kluger Kopf. Der 45-jährige Unternehmer ist im Marketing daheim, u.a. war er bei Stroer Geschäftsführer. Er gehört zu den Pionieren der Online-Vermarktung. Das Löwen-Mitglied tritt für das “Team Profifußball” an. Pantke ist vor allem die schlechte Außendarstellung des Klubs ein Dorn im Auge. Das db24-Interview:

dieblaue24: Herr Pantke, ganz direkt gefragt: Warum muss man ausgerechnet Sie bei der Mitgliederversammlung am 22. Juli in den 1860-Verwaltungsrat wählen?

Aufgrund meines beruflichen Backgrounds, ich bin seit über 20 Jahren im Bereich (Sport-)Marketing, Kommunikation und Vertrieb tätig, möchte ich mich in erster Linie beim Sponsoring, Marketing und der Außendarstellung einbringen. Unabhängig von den anderen Themen, die die Ausrichtung des Vereins insgesamt betreffen, ist die Generierung von weiteren Erlösen für mich DAS Top-Thema bei 1860. Schon zu Zeiten von Karl Heckl und Lilo Knecht hat der Verein doch Jahr für Jahr immer das Problem gehabt, zu wenige Einnahmen zu generieren. Das zieht sich bei 60 durch die letzten 20, 30 Jahre wie ein hässlicher roter Faden. Unabhängig vom jetzigen Investor war der Klub doch jedes Jahr bei der Budgetplanung der Bittsteller, gegenüber Banken, Partnern und jetzt eben Hasan Ismaik.

Auf was führen Sie dies zurück?

Die Sponsorenakquise und auch die Betreuung, aber auch die Außendarstellung waren teilweise katastrophal. Ich halte es auch für einen Fehler, dieses Thema ausschließlich an einen externen Partner zu vergeben, Einnahmen heißt ja nicht nur Sponsoring. Und wenn ich mir die jetzige Organisationsstruktur des e.V., aber auch der KGaA ansehe, sehe ich niemanden, der dafür dezidiert verantwortlich wäre. Das wäre in der freien Wirtschaft ungefähr so, wenn ein Unternehmen keinen Vertriebsleiter hat. Wenn man sich dann anschaut, wie die Vermarktung und Positionierung des Vereins seit den 90er Jahren gelitten hat, dann glaube ich, dass es in diesem Bereich sehr viel zu tun gibt. Darin habe ich eine sehr gute Expertise und Netzwerk, genau das will ich einbringen. Darüber hinaus habe ich vergleichbare Mandate bei mehreren Unternehmen wie zum Beispiel Zalando Media oder aber auch der Tarifhaus AG und weiß, welche Rolle ein Aufsichts- oder Verwaltungsrat spielen sollte.

Sie gehören zum sogenannten “Team Profifußball” - ist der Name überhaupt richtig gewählt? Zuletzt meinte Präsident Robert Reisinger süffisant, dass sein Profiteam Daniel Bierofka und Günther Gorenzel sei…

Über den Namen kann man sicher streiten. Wir wollten damit zum Ausdruck bringen, dass die Rückkehr in den bezahlten Profifußball, und damit meinen wir mindestens Liga 2, oberste Priorität hat. Gleichzeitig sorgen wir uns nach wie vor um die „Amateurfalle“, das Thema ist in unseren Augen durch den Aufstieg im Sommer nicht gebannt. Der Verein und damit meine ich nicht nur die Fußballabteilung, steht vor gewaltigen Herausforderungen wie z.B. dem Umgang mit dem Investor, der Stadionfrage oder der Nachwuchsarbeit und vielen weiteren Aufgaben, die die Zukunft von 1860 betreffen. Uns geht es darum, 1860 mittel- und langfristig im Profifußball eine solide Perspektive zu geben. Das wollten wir durch den Namen zum Ausdruck bringen.

Sie und Ihre Mitstreiter sind viel in Bayern unterwegs und stellen sich bei diversen Veranstaltungen den Löwen-Fans vor: Mit welchen Themen werden Sie am meisten konfrontiert?

Ganz klar das Thema Stadion. Erst danach folgt die Zusammenarbeit bzw. der Umgang mit dem Investor sowie die Spaltung des Vereins und der Fanszene.

Es werden immer wieder ganz bewusst Gerüchte gestreut, dass das “Team Profifußball” ein Abkommen mit Investor Hasan Ismaik hat. Stimmt das?

Das ist falsch, niemand von uns hat ein solches Agreement mit dem Investor geschlossen, warum auch? Wir sind alle unbelastet, neutral und fühlen uns keinem Lager verpflichtet. Uns geht es um 1860 und darum, dem Gesamtverein eine Perspektive zu geben. Dazu haben wir uns im Vorfeld mit allen relevanten Personen und Gruppierungen ausgetauscht, um uns vorzustellen, aber auch um unsere Positionen bei den Kernthemen klarzumachen.

Was passiert, wenn das “Team Profifußball” bei der Verwaltungsratswahl scheitert? 

Ich denke, dass einige aus unserem Team sehr gute Chancen haben, bei der anstehenden Wahl in den Verwaltungsrat gewählt zu werden. Und auch die, die es vielleicht nicht schaffen, stehen mit ihrem Know-How und Kompetenz zur Verfügung, der Wille zu helfen ist auch unabhängig vom Wahlausgang da. Trotzdem wollen wir natürlich möglichst viele von uns im Verwaltungsrat sehen - nur dann können wir unsere Themen zielführend vorantreiben.

Schrecken die letzten Jahre nicht ab? Kaum hat man ein Amt bei den Löwen inne, steht man nicht selten im Kreuzfeuer der Kritik…

Ja und nein. Durch die vielen Gespräche mit den verschiedenen Gruppierungen im Verein bekommt man schon einen Vorgeschmack darauf, was auf einem zukommt. Mich persönlich spornt diese große Herausforderung aber eher an, und ich bin auch optimistisch, dass man den Verein geeint besser aufstellen kann. Außerdem ist Verantwortung übernehmen besser als nichts zu tun und von außen nur zuzuschauen.

Besonders schlimm ist das Lagerdenken seit dem Zwangsabstieg 2017 - in dieser Schärfe wurde sich noch nie untereinander gezankt. Die Mitgliederversammlung 2017 war ein abschreckendes Beispiel. Warum ist das so - und wie könnten sich die beiden Seiten wieder annähern?

Ich bin seit den frühen 80er Jahren Löwen-Fan, das von Ihnen angesprochene Lagerdenken gibt es ja fast seitdem ich denken kann. Die Ereignisse der vergangenen Saison, insbesondere der „schwarze Freitag“ haben dazu geführt, dass die Fronten sich weiter verhärtet haben. Eines sollte aber allen klar sein: in einem zerstrittenen Club wird es sehr schwer, gemeinsame Ziele zu erreichen. 1860 hat weit über 20.000 Mitglieder, in einem Verein mit dieser Größe wird es immer ein breites Spektrum an Meinungen geben und das ist auch gut so. Aber: Der sportliche Erfolg, den sich ja alle Seiten wünschen, wird sich nur dann einstellen, wenn man auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Dazu müssen alle Zugeständnisse machen. Aufgrund der vielen Gespräche, die wir in den vergangenen Wochen geführt haben, bin ich aber optimistisch, dass das auch gelingen kann. Auch wenn es ein sehr steiniger Weg wird.

Immer wieder wird von Vereinsseite der Unterschied zwischen e.V. und KGaA hervorgehoben - ist dies nicht kontraproduktiv für das allgemeine Befinden? Die Fußballabteilung verkauft sogar ihr eigenes Fanartikel-Sortiment. Sind das nicht Belege, dass man an einem Gemeinsam gar nicht interessiert ist?

Ich weiß nicht, in meinen Augen wird das künstlich aufgebläht. Fanartikel, egal ob e.V. oder KGaA, sollten über alle Vertriebswege verkauft werden. Eine Trennung ist doch absoluter Blödsinn. Die Erlöse sollten dann je nach Produkt unterschiedlich aufgeteilt werden und eine pragmatische Lösung gesucht werden.

Die ehemalige Aufsichtsrätin Christina Jodlbauer hat einmal gesagt: “Bei 1860 gibt´s einen Verein im Verein.” Wie bewerten Sie diesen Vorwurf?

Das ist für mich nur sehr schwer zu bewerten, weil ich ja bisher nur Fan des Vereins war und kein Mandat oder Amt hatte. Ich kann nur sagen – der e.V. und KGaA sind für mich eins. Wenn es der KGaA gut geht, sollte es auch dem e.V. gut gehen und umgekehrt. Sicher wurden bei der Ausgliederung der Profiabteilung sowie beim Verkauf der Mehrheitsanteile Fehler gemacht. Aber eine Trennung des e.V. von der KGaA kann niemand wollen, der Sechzig irgendwann wieder in Liga 1 oder 2 sehen will und sich mit den Werten von 1860 identifiziert.

Würden Sie gewählt werden, welchen Kurs würden Sie im Umgang mit Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik befürworten: Konfrontationskurs oder ein Miteinander auf Augenhöhe?

Miteinander auf Augenhöhe, weil es keine Alternative dazu gibt, das haben die vergangenen Monate der gescheiterten Nadelstichpolitik ja gezeigt. Keine Organisation der Welt, egal ob im Sport, Politik oder in der freien Wirtschaft kann erfolgreich sein, wenn Gesellschafter gegeneinander arbeiten. Das sollte jedem klar sein. Beide Seiten sind zur Zusammenarbeit verpflichtet und müssen Zugeständnisse machen. Das hat zuletzt nur mit Hängen und Würgen funktioniert, aber es ist eine Basis. Aber bei den Kompromissen muss es natürlich auch Grenzen geben, gerade in der Außendarstellung.

Der Verwaltungsrat bestellt im Jahr 2019 den Präsidenten: Was stört Sie an Robert Reisinger bzw. warum hat er Ihr Vertrauen?

Das Präsidium ist bis 2019 gewählt, daher stellt sich die Frage jetzt nicht. Unsere Ziele haben wir klar formuliert und bis zur Wahl des Präsidenten im Jahr 2019 kann noch viel passieren. Eines ist aber klar – wir wollen den Verein endlich einen und nicht weiter spalten. Das aktuelle Präsidium hat im vergangenen Jahr unter den Bedingungen nach dem schwarzen Freitag einen sehr guten Job gemacht und das verdient Respekt.

Die Duldung der Schmährufe gegenüber Ismaik geht gar nicht

Schreckt es Sie auch ab, dass Reisinger als oberster Repräsentant des Klubs bei der Aufstiegsparty einen Gläubiger mit den Worten “Scheiß FC Bayern” beleidigt oder sich auch nicht über all die Monate von den Schmährufen gegen Hasan Ismaik distanziert hat?

Es schreckt mich nicht ab, begeistert mich aber auch nicht gerade. Der Spruch in Richtung der Seitenstraße war sicher dem emotionalen Aufstieg geschuldet und löst in mir eher ein Grinsen aus, das können die Bayern auch sicher verschmerzen. Trotzdem muss ich mich da als offizieller Repräsentant des Vereins zurücknehmen können. Die Duldung der Schmährufe gegenüber Ismaik durch das Präsidium und den Verwaltungsrat geht allerdings gar nicht. Nicht nur ihm, auch den anderen Partnern gegenüber, ist das ein fatales Zeichen.

Haben Sie in den letzten Jahren nicht etwas die Kontrolle im Verein vermisst? Auch Reisinger hätte als ehemaliger Verwaltungsrat die Zügel in den Händen gehabt…

Natürlich habe ich das vermisst! Die immens hohe Verschuldung in den Jahren 2016 und 2017 haben alle zu verantworten, die in diesen beiden Jahren das Budget freigegeben haben, also auch die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat der KGaA. Aber diese Fehler wurden in der Vergangenheit gemacht, wir können sie nicht mehr ändern. Wir müssen jetzt nach vorne schauen, aus den gemachten Fehlern hoffentlich lernen und gemeinsam an einem Strang ziehen.

Der TSV 1860 ist seit Jahrzehnten chronisch klamm: Welchen Masterplan haben Sie als Marketingexperte, damit die KGaA eigenständig überleben kann und vor allem in der Sponsorensuche eine bessere Figur abgibt als in der Vergangenheit?

Einen echten Masterplan habe ich im Gegensatz zu unserem Ministerpräsidenten leider nicht (lacht). Ich kann auch nicht versprechen, dass durch meine Wahl dem Verein sofort hohe Summen frisches Geld zur Verfügung stehen, wie es ja in der Vergangenheit bereits von dem ein oder anderen zugesagt wurde. Was ich aber versprechen kann, ist es besser zu machen als es jetzt der Fall ist. Sowohl in der regionalen, also der Akquise von lokalen Sponsoren, als auch in der überregionalen Vermarktung sehe ich noch erhebliches Potenzial. Aber auch im Bereich der digitalen Medien hat 1860 Potenzial mehr Geld zu generieren. Womit wir aber wieder beim Thema sind – einen zerstrittenen Klub wird niemand signifikant unterstützen. Und wenn die Außendarstellung nicht passt, auch nicht. Wir müssen jetzt den Rückenwind der vergangenen Monate nutzen, der Verein hat in der letzten Saison auch über München hinaus viele Sympathien gewonnen. Das ist eine gute Basis um mit einem stimmigen Vermarktungskonzept Hand in Hand mit Infront Klinken zu putzen – nur so geht es.

Erklären Sie uns mal, warum 1860 aus Ihrer Sicht selbst in der Regionalliga-Saison ein deutliches Minus geschrieben hat - und wie man diesen Trend stoppt?

Ohne die Zahlen zu kennen kann ich diese Frage nicht seriös beantworten. Eine Erklärung könnte der große Verlust aus der Vorsaison sein, dazu kommen die sehr begrenzten Vermarktungsmöglichkeiten im Grünwalder Stadion. Zudem muss man auch sehen, dass mögliche größere Partner in keinen Regionalligaverein investieren wollten. Auch in Liga 3 wird das nicht einfacher, umso kreativer und auch aggressiver müssen wir mögliche Partner ansprechen um weitere Einnahmen zu generieren.

Im Grünwalder Stadion ist der Löwe stark limitiert: Mit nur 15.000 Plätzen und kaum Vermarktungsmöglichkeiten wird 1860 wohl nur selten schwarze Zahlen schreiben können. Wie sehen Sie dieses offensichtliche Handicap?

Mit der Klärung der Stadionfrage steht und fällt die Perspektive des Vereins. 60 braucht eine eigene Spielstätte mit den entsprechenden Vermarktungsmöglichkeiten, vor allem durch Logen. St. Pauli hat es vorgemacht, wie Fußball und Kommerz ohne Verlust der eigenen Werte und Identität Hand in Hand funktionieren kann. Sollte das Grünwalder Stadion renoviert und ausgebaut werden können, ist das natürlich die erste Option. Falls nein, muss eine neue Spielstätte für unseren Verein an anderer Stelle gebaut werden.

Die SPD-Stadtratsfraktion, zu der auch 1860-Verwaltungsrätin Verena Dietl gehört, hat jetzt einen Antrag gestellt, dass das Grünwalder Stadion auf eine Kapazität von 18.600 Zuschauer aufgestockt werden muss. Wahlkampf oder eine vernünftige Idee?

Die Initiative ist natürlich sehr zu begrüßen. Uns geht es aber darum zu klären, ob das GWS auch mittel- und langfristig unsere Heimat sein kann. In Kooperation mit der Stadt müssen wir darauf schnellstmöglich eine Antwort finden, dies ist auch im Sinne der Stadt.

Über welche Kapazität sollte eine Löwen-Heimat aus Ihrer Sicht verfügen?

Meiner Meinung nach 30.000 bis 35.000 Zuschauer plus Logen und Business Seats.

Wenn die Stadt einen Aus- bzw. Umbau des Grünwalder Stadion final ablehnt, was muss dann bei 1860 passieren?

Ich denke, dass es dann zu einer Mitgliederbefragung kommen sollte. Wenn die Mehrheit für den Verbleib im GWS auf Kosten der sportlichen Perspektive ist, dann ist das so und sollte akzeptiert werden. Nur sollte dann jedem klar sein, dass das GWS im jetzigen Zustand auch bei einem möglichen Ausbau auf 20.000 Zuschauer eine sehr limitierte sportliche Perspektive bietet. Auch für die 2. Liga ist das meiner Meinung nach zu wenig um langfristig zu überleben, aber zu viel um zu sterben - dafür ist der Wettbewerb selbst in der zweiten Liga mit Mannschaften wie HSV, St. Pauli, Köln, Ingolstadt oder auch Bochum zu groß. Das ist die Realität, das sollte jedem klar sein.

Wie stehen Sie der 50+1-Regel gegenüber - und wie bewerten sie den Kommerz im Fußball generell?

Grundsätzlich finde ich die 50+1-Regelung richtig und wichtig, glaube aber auch, dass sie innerhalb der nächsten drei Jahre in Deutschland fallen wird. Die Kernfrage, was die Perspektive eines Fußballklubs ist, gehört in die Hände des Klubs und nicht in die eines Investors, außer der Verein und seine Mitglieder beschließen das ausdrücklich. Nur eins ist klar: Wenn ich ein Investor bin und in eine „Firma“ investiere, dann will ich auch Einflussmöglichkeiten und Rahmenbedingungen haben, mein Geld so anzulegen, dass ich die Ziele erreiche, die ich mir gesetzt habe. Es ist ein schwieriger Spagat zwischen Kommerz und Identität der Clubs. Umso wichtiger ist es aber, einem Investor, der ja bereits da ist, nicht konfrontativ zu begegnen, sondern sich auf gemeinsame Ziele zu verständigen.

Was ist Ihnen lieber: 1860 als sympathischer Stadtteilverein oder erfolgreicher Erstligist?

Erfolgreicher Stadtteilverein als Erst- oder auch Zweitligist. Wenn ich Amateurfußball sehen möchte, gehe ich nach Laim oder Germering – meine beiden ehemaligen Stammvereine.

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