VON OLIVER GRISS

Wir kennen das Spiel ja: München, die Berge, die Biergärten, die Nähe zum Meer - viele ehemalige Bundesliga-Stars kehren nach ihrer Karriere in die bayerische Landeshauptstadt zurück. Nirgends ist es in Deutschland schöner als in Oberbayern, zumindest für diejenigen, die München von seiner schönsten Seite kennengelernt haben. Hier zu leben, ist ein echtes Privileg. Auch Stefan Aigner wählt nach seinem glücklosen einjährigen Gastspiel in der amerikanischen MLS diesen Weg - doch soll er wieder für die Löwen spielen? Diese Frage stellen sich seit Tagen die Fans. Es gibt Für und Wider.

Prinzipiell ist es für den Verein eine Auszeichnung, wenn sich ein Spieler vom Format Stefan Aigner mit einem Drittligist wie 1860 beschäftigt. Doch ist der Ex-Kapitän auch noch bei allen vermittelbar? Diese Frage dürfte sich vor allem auch Daniel Bierofka stellen: Aigner hat im Abstiegsjahr 2017, indem er mit einem Millionen-Gehalt zu den Topverdienern der Zweiten Liga zählte, eine nicht allzu glückliche Figur an der Grünwalder Straße abgegeben. Er hat sich anstecken lassen vom schlechten Klima, hat nicht dagegen gehalten, seine Kapitänsbinde abgegeben, den Konkurrenzkampf mit dem pfeilschnellen Amilton nicht richtig angenommen - und sich dann auch noch darüber beschwert, dass im Verein Englisch gesprochen wird. Von einem Spieler seiner unbestrittenen Klasse hätte man deutlich mehr Eier erwartet. Bierofka hat Aigner als Co-Trainer von Vitor Pereira hautnah miterlebt.

Am Gehalt soll eine Verpflichtung nicht scheitern, ist aus Aigners Umfeld zu hören. Das ist zweifelsohne positiv, doch darum geht es nicht alleine. Fußballerisch könnte der heute 30-Jährige noch immer ein Gewinn sein, wenn er sich auf seine Tugenden besinnt und sich unterordnet. Wenn Sensibelchen Aigner sich bewusst ist, dass er nach seiner Rückkehr aus Frankfurt große Fehler gemacht hat, dann hat er auch eine neue Chance bei 1860 verdient. Doch zuvor muss Bierofka in sich gehen und entscheiden, ob er Aigner zu 100 Prozent will. Hat er Zweifel, dann muss er dem Vollblut-Löwen absagen. Dass der Trainer auch unpopuläre Entscheidungen treffen kann, hat Bierofka zuletzt bei Timo Gebhart bewiesen und ihm keinen neuen Vertrag angeboten.