VON OLIVER GRISS

Ja, ich gebe zu: Ich bin ein Fan von Timo Gebhart. Seit 29 Jahren schreibe ich über den Münchner Fußball, insbesondere Gebharts Art auf dem Platz hat mir immer besonders gut gefallen: Draufgängerisch, beweglich, technisch sehr stark und unbequem. Er kann den Unterschied ausmachen. Er ist ein Entscheider - und vor allem: Typen wie ihn findest du heutzutage kaum mehr im Zeitalter des gleichgeschalteten Fußball-Business. Bei Gebhart erkennt man viele Parallelen zu Berkant Göktan.

2006, als er im Fanshop an der Grünwalder Straße schüchtern hinter dem Tresen stand, für die Löwen-Fans Trikots beflockte und die U17 des TSV 1860 zur deutschen Meisterschaft führte, sah ich in ihm einen künftigen A-Nationalspieler, der über deutlich mehr Potential als die Bender-Twins verfügt. Sein Weg führt ihn in die Bundesliga. 1860 verkauft ihn bald für drei Millionen Euro nach Stuttgart. Das Geld rettet wieder einmal die Lizenz. Doch die Karrieren entwickeln sich unterschiedlich: Während die Benders tatsächlich Nationalspieler werden und nun im gesetzteren Alter bei Bayer Leverkusen gemeinsam kicken, stürzte Gebhart immer mehr ab. Möglicherweise auch deshalb, weil er den Fokus mehr auf die Nebengeräusche legte als auf seine Karriere.

Statt in der Bundesliga für Furore zu sorgen, kehrte er von Hansa Rostock an die Grünwalder Straße zurück. Der Kreis schloß sich im Sommer 2017. Der geläuterte Gebhart wird sofort zum großen Hoffnungsträger. Mit seiner Genialität entfachte er nach dem Giesinger Zwangsabstieg sofort Euphorie bei den Löwen und ebnete den Weg für eine erfolgreiche Saison. Bis er sich im Frühherbst verletzte. Er kämpfte sich zurück - und dann die nächste Verletzung kurz vor der Relegation: Achillessehnen-Anriss. Ein Jammer. Sein Weg endet jetzt bei 1860 - weil sich der Verein gegen eine Weiterverpflichtung entscheidet. Das Risiko mit Gebhart ist nicht klein, wenn man seine Krankenakte ansieht. Aus Sicht von Trainer Daniel Bierofka vielleicht verständlich, nicht aber für viele Löwen-Fans. Sie werden ihren Liebling vermissen.

Mach’s gut, Timo!