VON OLIVER GRISS

Wer die Szenen im Trainingslager in Oliva Nova verfolgt hat, als Löwen-Fans inbrünstig für Daniel Bierofka ein Geburtstagsständchen sangen und Präsente überreichten, spürt: Diese Beziehung ist etwas Besonderes, die Anhänger verehren ihren Biero. Das 39-jährige Löwen-Idol ist für die weiß-blaue Fanlandschaft mehr als ein Trainer. Nicht nur, weil er sich authentisch wie kein anderer im Löwen-Kosmos bewegt, sondern weil er ehrliche Arbeit abliefert und sich nie selbst zu wichtig nimmt. Bierofka verkörpert Sechzig München: Wild, leidenschaftlich und erfolgsbesessen gibt sich der Ex-Nationalspieler.

Umso mehr dürften die jüngsten Aussagen des Trainers die weiß-blaue Fanlandschaft gehörig irritieren. Angesprochen auf seinen immer noch nicht umgewandelten U21-Vertrag, der bis 2019 datiert ist, sagte Bierofka an der Costa Blanca: “Es war Zeit, aber es ist nichts passiert. Ich muss das akzeptieren. Jetzt habe ich keine Zeit und auch keinen Kopf mehr - das sage ich ganz ehrlich.” Was übersetzt heißt: Der TSV 1860 hat es in den letzten Wochen versäumt, Bierofka zufrieden zu stellen und mit ihm langfristig die Löwen-Zukunft zu planen. Was Markus Fauser in seinen kostspieligen sieben Monaten als Geschäftsführer bei 1860 nicht anpackte, hat sein Nachfolger Michael Scharold offenbar auch noch nicht auf dem Radar. Die Personalpolitik des Regionalliga-Tabellenführers ist: Mehr als merkwürdig.

Wieder - wie so oft in den letzten Jahren - setzt der Klub die Prioritäten falsch, was typisch für die Löwen ist. Bierofka geht’s nicht um Geld, sondern um Perspektive und Wertschätzung. Auch, dass sich kein hochrangiger 1860-Funktionär im Trainingslager in Spanien blicken ließ (was eigentlich ein guter Zeitpunkt für Vertragsgespräche gewesen wäre), hat ein gewisses Geschmäckle. Nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für die anwesenden Fans. Ist der Profi-Fußball mittlerweile so unwichtig an der Grünwalder Straße?

Der Verein sollte schnellstmöglich die Gespräche mit Bierofka aufnehmen, ansonsten könnte auch der Trainer irgendwann die Lust an seiner Fußball-Liebe verlieren.