VON OLIVER GRISS

Franz Faber ist ein grandioser Gesprächspartner. Der 57-jährige Versicherungsmakler aus München gilt als Mister FC Unterföhring. Beim Regionalliga-Aufsteiger läuft nichts ohne Fabers Wissen. Wir haben ihn zum lockeren Plausch getroffen - das dieblaue24-Interview:

dieblaue24: Der FC Unterföhring liegt vor dem Derby gegen 1860 (Samstag, 14 Uhr, dieblaue24-Liveticker) mit vier Punkten abgeschlagen auf dem letzten Platz. Herr Faber, Hand aufs Herz: Ist die Liga Ihrem Klub eine Nummer zu groß?

FRANZ FABER: Die Regionalliga ist wesentlich stärker als die Bayernliga - und das nicht um eine Klasse, sondern mindestens um zwei Klassen. Wir haben das im Vorfeld schon richtig eingeschätzt, aber wir haben nicht die Mittel, um das auszugleichen. Wir werden unsere Philosophie nicht ändern, nur weil wir jetzt in der Regionalliga spielen: Wir holen die selben Spieler wie vor zehn Jahren aus den Nachbarvereinen oder suchen Spieler, die Zeit mitbringen, öfter als zweimal die Woche zu trainieren. Für uns ist diese Liga ein Abenteuer. Vielleicht kann man’s so vergleichen: Die Spieler und ich fühlen uns so, als wenn wir finanziell abgebrannt sind und uns trotzdem einen Fünf-Sterne-Urlaub gönnen, obwohl wir wissen, dass wir schon bald wieder ins alte Leben zurück müssen.

Verraten Sie uns mal, wie sich ein Verein wie Unterföhring in der Regionalliga finanziell aufstellt?

Wir finanzieren uns aus den Mitgliedsbeiträgen und den wenigen Sponsoren - und das Komplettpaket ist zu wenig, um die Liga dauerhaft halten zu können. Deswegen sind so Spiele wie gegen 1860 ein Feiertag für uns. Wir hatten noch nie 2500 Besucher in einem Heimspiel - das ist Rekord. Seit dem sogenannten schwarzen Freitag bei 1860 beschäftige ich mich intensiv mit diesem Spiel. Wir hatten auch überlegt, für dieses Highlight in die Allianz Arena umzuziehen, aber als wir die Summe für die Miete gehört haben, haben wir abgewunken.

Nennen Sie uns den Preis?

Ich darf nicht zu viel verraten, aber mit Sicherheit wäre ein fünfstelliger Betrag auf uns zugekommen. Das wollten wir uns aber nicht leisten. Mein Traum wäre aber gewesen, dass wir das Heimrecht mit 1860 tauschen und im Grünwalder Stadion spielen. Ich denke, das Spiel wäre ausverkauft gewesen. Damit wäre unser Jahresetat gesichert gewesen. Aber die Stadt hat uns schnell wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Aber auch so ist 1860 für uns ein kleiner Lottogewinn.

Und was verdienen die Spieler beim FCU?

Wir zahlen 30 Euro pro Punkt - und eine kleine Aufwandsentschädigung.

Sie sind ein Roter, aber lassen Sie uns über den Absturz der Löwen reden.

Mein Bruder ist ja ein Stockblauer (Peter Faber, ehemaliger U19-Trainer des TSV, d. Red.) - deswegen habe ich seit Jahrzehnten mit den Blauen zu tun. Als Münchner kommt man an Sechzig sowieso nicht vorbei - und der Verein stört mich auch gar nicht (lacht). Ich sag’s mal so: Wir in Unterföhring haben in den letzten Jahren einen sehr guten Job gemacht - und die Löwen umgekehrt, sonst würden wir jetzt nicht gegeneinander in einer Liga spielen. Was mir aber auffällt: Bei 1860 hat man seit dem Bundesliga-Abstieg 2004 viel zu wenig auf Ehemalige mit Stallgeruch gesetzt. Aus meiner Sicht ist immer wichtig, wie man das Erlebte im Verein weitergeben kann. Stattdessen wurden bei 1860 lieber Externe verpflichtet, die keine Bindung zum Verein und noch dazu schlechte Visionen hatten. Jetzt hat man das Gefühl, auch wenn’s nur Regionalliga ist, dass der Verein zusammenhält. Der größte Faktor für diese gute Stimmung ist wahrscheinlich Daniel Bierofka. Er macht das mit sehr viel Demut gegenüber der Mannschaft. Er ist anders als seine Vorgänger. Er hat noch keinen Fehler gemacht.

Wie würden Sie als gebürtiger Münchner einem nicht fußball-interessierten Menschen 1860 erklären?

Die Sozialschwachen oder weniger Betuchten suchen sich den Verein, mit dem sie leiden können. Die Blauen ziehen das Arbeitervolk und natürlich die an, die mit der Philosophie des FC Bayern nicht leben können. Und da gibt’s speziell in München viele.

Im Gegensatz zum TSV 1860 “leistet” sich der FC Unterföhring in Martin Büchel einen A-Nationalspieler aus Liechtenstein…

Das ist alles auf Zufall aufgebaut. Der Martin studiert in München, wohnt in Unterföhring und fragt mit dem Rucksack auf den Schultern, ob er bei uns mittrainieren darf. Das hat nichts mit Scouting oder sonstigen Zuckerln zu tun. Man muss das bei Martin relativieren. Liechtenstein hat fünf oder sechs Vereine, das Fürstentum ist kleiner als Unterhaching. Da wird man relativ schnell Nationalspieler. Was für Martin spricht, ist seine sportliche Vergangenheit. Er war auch in Spanien und der Schweiz aktiv. Ein Nationalspieler aus Liechtenstein hat meiner Meinung nach das Niveau der Ligen, in denen wir uns bewegen.

Im Toto-Pokal wurden dem FC Unterföhring beim 0:4 die Ohren langgezogen - was ist im Liga-Duell das Ziel?

So schlecht wie wir uns im Grünwalder Stadion präsentiert haben, sind wir nicht. Wir hatten die Hosen voll und 1860 hatte einen sehr guten Tag. Das war nicht unser normales Gesicht. Insofern wäre für mich ein akzeptables Ergebnis in Ordnung. Dass wir verlieren, steht schon fest. Wenn wir wieder 0:4 verlieren, bin ich einverstanden. Schauen Sie: Die Löwen waren am Mittwoch beim Laktattest - und meine Spieler auf der Wiesn. Ich würde gerne unsere Laktatwerte mit denen der Löwen vergleichen. Aber weil wir reine Amateure sind, kann ich nicht zu meinen Spielern sagen, ich zieh’ euch wegen der Wiesn jetzt 10 Prozent von den Prämien ab…