VON OLIVER GRISS

Die 1860-Verwaltungsrätin Verena Dietl (SPD) wird sich nichts dabei gedacht haben, als sie am Sonntagabend auf ihrem Facebook-Profil ein gemütliches Wiesn-Foto mit anderen Löwen-Verwaltungsräten (u.a. Markus Drees, Richard Ostermeier, Sebastian Seeböck) aus dem Spaten-Zelt “Schottenhamel” postete und darunter schrieb: “Mit richtigen Löwen auf der Wiesn.” Der Verwaltungsrat-Vorsitzende hatte eingeladen. Dass das entstandene Foto und der gemeinsame Wiesn-Besuch wenige Tage später Thema an der Grünwalder Straße 114a sein wird, konnte die Stadträtin zum Zeitpunkt ihrers Facebook-Posts nicht ahnen.

Aber alles der Reihe nach: Am Montagmorgen postete der e.V.-nahe Twitteraccount MUC90 (die Person hinter dem Pseudonym ist der Redaktion bekannt) ein Video, in dem suggeriert wird, dass die Besucher im Schottenhamel-Zelt “Scheiß auf den Scheich” singen. Die Abendzeitung, einst das Lieblingsblatt der Münchner, titelte: “Vom Protestsong zum Wiesn-Hit.” Dabei hörte man allerdings deutlich, dass nur ein oder zwei Wiesn-Besucher das “Lied” im direkten Umfeld des Videomachers gröhlten, während das Zelt auf den eigentlichen Ballermann-Hit “Johnny Däpp” abrockte.

Und jetzt wird’s richtig spannend: Das Wiesn-Video, das im Internet kursiert, wurde aus dem selben Tischbereich auf der Empore im Schottenhamel gefilmt, in dem auch das Dietl-Foto entstanden ist. Auf dem Video ist Dr. Fabian Stallknecht, dessen Kopf und Handy in der Videosequenz zu sehen sind, deutlich zu erkennen. Alles nur ein merkwürdiger Zufall im ältesten Bierzelt der Wiesn? “Bis zu dem Zeitpunkt, als ich im Zelt war, wurde das Lied nicht angestimmt. Zudem verurteile ich dieses Lied aufs Schärfste und distanziere mich in aller Form davon”, erklärte 1860-Teammanager Bastian Weber - angestellt in der KGaA und ebenfalls eingeladen - am Donnerstag gegenüber dieblaue24.

Aber eben Stallknecht, der als Wahlausschuss-Mitglied potentielle Verwaltungsräte für den TSV 1860 scoutet, war noch am Tisch. Seine vereinspolitische Meinung ist hinlänglich bekannt. “Ich bedanke mich ausdrücklich nicht bei der Investorenseite. Hasan Ismaik redet offen davon, dass er diesen Verein liebt. Mit Verlaub, dann kommt mir das vor, als würde Donald Trump die soziale Planwirtschaft preisen”, sagte Stallknecht beispielsweise bei der turbulenten Mitgliederversammlung im Juli.

Zuletzt hatte Geschäftsführer Markus Fauser dafür gesorgt, dass der TSV 1860 - auch dank des sportlichen Erfolgs unter Daniel Bierofka in der Regionalliga Bayern - wieder in ruhigeres Fahrwasser gelangte und viele Sympathien sammelte. Fauser selbst positioniert sich klar und deutlich gegen die Anfeindungen gegenüber Hasan Ismaik und das sogenannte “Scheichlied”. “Ich finde den Text einfach nur respektlos und beleidigend. Das macht man einfach nicht”, erklärte der Löwen-Boss gegenüber dieblaue24.

Sorgt diese peinliche Wiesn-Affäre wieder einmal für neuen und unnötigen Sprengstoff beim TSV 1860?