VON OLIVER GRISS

Wer ist Schuld am Löwen-Absturz? Die Investorengegner sagen, Hasan Ismaik hat den Verein gegen die Wand gefahren - die anderen behaupten: 1860 zerstört sich von innen.

Natürlich hat der Milliardär aus Abu Dhabi mit einigen fragwürdigen Entscheidungen dazu beigetragen, dass Münchens traurigste Liebe in dieser Saison versagt hat: Er hat gemeinsam mit Präsident Peter Cassalette den beliebten Sportchef Oliver Kreuzer für Thomas Eichin geopfert - und nach nur wenigen Monaten haben beide erkennen müssen, dass Eichin nicht nur aufgrund seiner überheblichen Art überhaupt nicht zu 1860 passt, sondern auch die Zweite Liga nicht versteht. Unzählige sinnlose Transfers wurden mit Trainer Kosta Runjaic getätigt. Der Königsflop war allerdings Sebastian Boenisch. Obwohl der Abwehrspieler arbeitslos und nicht fit war, bekam dieser nicht nur rund 850.000 Euro Jahresgage, sondern auch ein fürstliches Handgeld. Eichin hatte Ismaik versprochen, mit Boenisch könne man deutlich an Qualität zulegen.

Im Winter wollte Ismaik korrigieren - aus Angst vor dem Mittelmaß. Und so engagierte er den mehrfachen Meister-Trainer Vitor Pereira für ein Millionen-Gehalt. Dessen Vita ist zwar überdurchschnittlich gut, doch der Portugiese hatte nicht verstanden, dass seine Engstirnigkeit (3-4-3-System, nur einmal am Tag Training, diverse Personal-Entscheidungen) ins sportliche Desaster führt. Mit den Spielern soll sich Pereira zudem kaum ausgetauscht haben - und so konnte auch kein Mannschaftsgeist entstehen. Unbestritten: Pereira ist ein guter Trainer, aber nicht für einen Zweitligisten. Er hätte eine fertige Mannschaft gebraucht, um Erfolg zu haben. Das unrühmliche Ende der verfehlten Transferpolitik ist bekannt…

Dass Ismaik nicht alles probiert hätte, um die Wende zu schaffen, kann man ihm nicht vorwerfen. Was man ihm aber anlasten muss: Er hatte die falschen Berater an seiner Seite, die weder von 1860 eine Ahnung hatten, noch vom deutschen Fußball. Transfers wie den talentfreien Lucas Ribamar für 3,2 Millionen Euro zu tätigen, sind das beste Beispiel. Schöne Grüße an die Taschenfüller aus der Beraterszene. Dass man Ismaik 2011 überhaupt als “Zahlmeister” benötigte, liegt am jahrzehntelangem Missmanagement im Verein.

So, jetzt aber zum eigentlichen Problem: Den Quertreibern im eigenen Verein. Schon in der Ära des unvergessenen Karl-Heinz Wildmoser wurde versucht, den inzwischen verstorbenen Großgastronom, der 1860 von der Bayernliga bis in die Champions League-Qualfikation führte, aus dem Verein zu vertreiben. Dabei war Wildmoser der einzige von vielen Funktionären, der die Löwen verstand und wirklich liebte. Natürlich war er ein bayerischer Sturschädel, aber einer, der 24 Stunden am Tag den Verein lebte. Danach kamen viele Selbstdarsteller, die nur eines im Sinn hatten: 1860 als Bühne für sich zu benutzen. Peter Cassalette gehörte nicht zu dieser Sorte von Menschen. Er wollte den Verein wieder einen. Vor zwei Tagen gab er entnervt auf, weil er gegen die Intrigen aus dem eigenen Klub machtlos war.

1860 muss seine Struktur ändern - JETZT! Nicht mit Leuten, denen ein Stadion wichtiger ist als der sportliche Erfolg. Sondern mit fähigen, loyalen und kreativen Köpfen, die 1860 lieben und auch repräsentieren können. Saki Stimoniaris, der MAN-Betriebsratchef, ist ein solcher. Der 45-jährige Münchner sitzt u.a. auch im Aufsichtsrat von VW. Vor zwei Jahren wurde er vom Verwaltungsrat des TSV 1860 als Präsident noch abgelehnt - kommt jetzt aber die Zeit von Stimoniaris? Der Verein braucht Brückenbauer wie ihn.