VON OLIVER GRISS UND ULI WAGNER (FOTO)

Wenn die Löwen heute den 1. FC Nürnberg (20.15 Uhr, dieblaue24-Liveticker) besiegen, könnten sie auf Platz 3 vorrücken. Freilich nicht im aktuellen Zweitliga-Ranking, sondern in der Rückrunden-Tabelle - doch genau das sind die Etappen, die Vitor Pereira für seine Arbeit braucht, um Fortschritte beim TSV 1860 zu erkennen und sich bestätigt fühlt, dass es vorwärts geht. „Ich will ein Team, das gut organisiert ist, die Initiative ergreift und Dominanz ausübt. Wenn du schlecht organisiert bist, kann Pressing auch nach hinten losgehen. Das Team muss erkennen, wann und wo attackiert werden muss. Die Gegner sollen ruhig denken, du bist langsam – und dann überraschst du sie mit Geschwindigkeit. Du spielst den vertikalen Pass, direkt zum Herz und killst sie. Es ist ein großer Wandel, der seine Zeit benötigt”, erklärte Pereira jetzt in einem Interview mit “Tribuna Expresso” und nimmt dabei seine Löwen schmunzelnd sogar ein bisschen in Schutz: “In Saudi-Arabien war es schlimmer. Mir wurde gesagt: Es ist unmöglich, was du vorhast! Wir müssen ein einfacheres Spiel spielen. Aber das ist nichts für mich. Geklappt hat es trotzdem, also sage ich: Wenn ich den arabischen Spielern meine Qualitätsmatrix vermitteln kann, dann geht das überall.“ Sogar bei 1860.

Pereira gibt zu, dass er die Löwen auf einem besseren Niveau erwartet hatte. „Ich war ein wenig erschrocken. Ich mag Herausforderungen, aber als ich 1860 zweimal live gesehen habe, war mein Gedanke: Wie will ich dieses Team dazu bringen, meinen Fußball zu spielen?”, erklärte der 48-Jährige: “Es gab dann zwei, drei Treffen, bei denen mir versprochen wurde, dass der Klub umstrukturiert wird und ich sofort drei, vier Spieler bekomme. Die brauchst du, um einen neuen technischen Input zu geben.”

Die größte Schwierigkeit sei die mangelnde Handlungsschnelligkeit gewesen. „Die Mannschaft war diese hohe Intensität nicht gewohnt. Ich verlange Handlungsschnelligkeit. Eine Ballberührung statt drei”, erklärte Pereira: “Am Anfang war die Umstellung im Training so groß, dass ich dachte, die Mannschaft kann mir nicht folgen. Das Lustige ist: Selbst einem Spieler wie Ivica Olic, der 37 ist, musst du noch so viel beibringen. Allen eigentlich. Ein schnelles Auto musst du auch fahren können (lacht). Sie waren es halt gewöhnt, viele Pausen zu machen, alles in einem gemächlichen Tempo, mit viel Platz. Ich habe mir an den Kopf gefasst und gedacht: ,Oh, mein Gott! Was ich alles verändern muss.”

Dass Pereira zum Langzeittrainer bei 1860 wird, davon ist Stand jetzt wohl eher nicht auszugehen. “Routine bringt mich um”, stellt der Löwen-Dompteur (Vertrag bis 2018) klar: “Nächstes Ziel ist die Bundesliga. Und danach die Premier League. Da will ich hin, das reizt mich. Ich will beweisen, dass meine Spielidee auch dort erfolgreich sein kann. Ein Trainer darf sich nicht prostituieren und seine Ideen verraten, aber er muss in der Lage sein, sich an die Realitäten anzupassen. Schön spielen ist wichtig, aber ich muss auch Ergebnisse liefern, sonst spiele ich nach zwei Monaten mit meinen Kindern.“