Wo ist die finanzielle Kontrolle?
- VON OLIVER GRISS
- 22.10.2025 16:48
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VON OLIVER GRISS
Noch vor wenigen Jahren sonnte man sich im e.V. mit Aussagen, man stehe im Gegensatz zur Profiabteilung finanziell gesund da – und könne sich deshalb sogar eine eigene Turnhalle leisten. Heute wirkt das wie ein Relikt aus besseren Tagen. Was ist also schiefgelaufen? Und vor allem: Wo war die finanzielle Kontrolle bei Sechzig München?
Die Fußballabteilung mit ihren rund 19.000 Mitgliedern gilt inzwischen als Sorgenkind des Vereins. Die Ausgaben übersteigen deutlich die Einnahmen – ein Reizthema auch in den anderen Sparten des TSV. Zwar fließen jährlich etwa 1,5 Millionen Euro an Mitgliedsbeiträgen, doch diese stolze Summe reicht längst nicht mehr aus, um die stetig steigenden Kosten zu decken.
Seit dem Zweitliga-Abstieg 2017 betreibt der e.V. das Nachwuchsleistungszentrum (nicht U21 und U19) eigenständig – ein kostspieliges Unterfangen, zumal der neue Servicevertrag zwischen KGaA und e.V. noch immer nicht final ausgehandelt ist. Hinzu kommen wachsende Personalkosten: Gute Ausbildung hat ihren Preis. Um das Niveau einigermaßen zu halten, braucht man Geld.
Laut “SZ” trägt auch die Frauen- und Mädchenabteilung rund 50.000 Euro zum Defizit bei – beachtlich für Teams, die ausschließlich in regionalen Spielklassen aktiv sind. Die Futsaler, in der Vorsaison noch in der Regionalliga unterwegs, wurden für die aktuelle Spielzeit gar nicht mehr gemeldet. Bereits vor Jahren hatte es in dieser Sparte Ärger um (offenbar unabgesprochene) Merchandising-Bestellungen in einem hohen fünfstelligen Euro-Bereich gegeben.
Inzwischen soll in der Fußballabteilung ein Sparkurs greifen – und der ist bitter nötig, will man wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Helfen könnte dabei auch der DFB-Fördertopf, der Vereine für den Einsatz eigener deutscher U23-Spieler in der 3. Liga belohnt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Präsident Gernot Mang zuletzt betonte, künftig wieder mehr Talente aus dem eigenen Stall in der Ersten Mannschaft sehen zu wollen. Der Weg von der Jugend zu den Profis ist jedoch steinig – nur die Besten schaffen den Sprung. Klar ist auch: Je weniger erfolgreich man im Profibereich ist, desto schwieriger wird es - auch für den e.V.
Nach den Rücktritten von Abteilungsleiterin Veronika Seemann und Kassenwart Kurt Renner führt nun Martin Obermüller, gelernter Koch und bislang Mitglied des Verwaltungsrats, die Abteilung. Sein Stellvertreter heißt Stephan Sagermann. Auf der Abteilungsversammlung Ende November soll die neue Führungscrew offiziell bestätigt werden – oder tritt vielleicht doch noch jemand mit einer Mannschaft als Gegenkandidat an, den bislang keiner auf der Rechnung hat?
Die zentrale Frage bleibt: Braucht der TSV 1860 München endlich einen Fußball-Abteilungsleiter mit sportlicher und wirtschaftlicher Kompetenz? Zu wünschen wäre es – im Interesse des gesamten Klubs.