Das Glöckner-Läuten: Was (noch) für den Löwen-Trainer spricht - was nicht mehr
- VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
- 23.09.2025 10:04
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VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)
Unstrittig ist dagegen: Glöckner steht massiv unter Druck - nicht nur bei den Fans. Seine Argumente für eine Weiterbeschäftigung schwinden. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen Qualität des Kaders und den zuletzt gezeigten Leistungen. Mit einem Etat von 6,3 Millionen Euro hat 1860 seine finanziellen Grenzen deutlich ausgedehnt, um ein Star-Ensemble zu verpflichten. Die Anfangseuphorie wich jedoch spätestens nach dem desaströsen Auftritt gegen Hoffenheim II (1:5) tiefer Ernüchterung.
Das Glöckner-Läuten: Das spricht (noch) für den Trainer - das dagegen. Die db24-Übersicht:
Pro Glöckner
Bewährter Krisenmanager: Dass Glöckner auch schwierige Situationen meistern kann, hat er im Januar 2025 bewiesen, als er die am Boden liegenden Löwen nach dem 1:4 in Saarbrücken von Agis Giannikis übernommen hatte und aus der Abstiegszone führte. Am Ende rettete der gebürtige Bonner die Mannschaft - auch mit Hilfe von weiteren Transfers - frühzeitig.
Gute Verbindung zur Mannschaft: Seine kumpelhafte Art kommt in der Kabine gut an - keiner spielt gegen Glöckner. Er genießt in diesem Punkt noch das uneingeschränkte Vertrauen als Mensch und Trainer.
Fannähe: Glöckner stellt sich Diskussionen - und hat immer ein offenes Ohr. Er ist freundlich, smart und sympathisch. Mit seinem Auftreten ist er für Sechzig ein Gewinn in der Öffentlichkeit.
Solider Punkteschnitt: Saisonübergreifend kommt er auf 1,63 Zähler pro Spiel - ordentlich, wenn auch nicht aufstiegsreif.
Kontra Glöckner
Die Saison droht zu kippen: Wenn 1860 in Aue nicht den Turnaround schafft, wird´s finster. Genau das wird auch die Bosse beschäftigen. Die Löwen fielen nach dem Wochenende auf Platz 10 zurück. Der Rückstand auf Platz zwei beträgt bereits jetzt fünf Punkte.
Die fußballerische Entwicklung ist mies: Nach einer starken Vorbereitung und guten Auftritten zum Auftakt in Essen (1:1) und daheim gegen Osnabrück (3:1) wurden die Leistungen von Woche zu Woche immer schwächer und schwächer. Man hat das Gefühl, dass keiner den Ball haben will.
Sturheit im Spielsystem: Obwohl deutlich zu sehen ist, dass die Mannschaft in der Dreierkette höchst anfällig ist, setzte Glöckner auch bei der Hoffenheim-Watschn wieder auf das System und wurde dafür bestraft. Dass die Löwen die Viererkette auch mit dem aktuellen Personal spielen können, bewies sie in der zweiten Hälfte beim 1:2 in Rostock.
Fragwürdige Aufstellungen: Beim 1:2 in Rostock brachte Glöckner völlig überraschend Maxi Wolfram in der Spielmacherrolle - und ließ mit David Philipp und Tunay Deniz die Spieler, die dafür eigentlich gemacht sind, draußen. Und gegen Hoffenheim II gab Glöckner die Devise aus, hoch anzulaufen und zu pressen - aber setzte im Angriff gegen die wendigen U23-Bubis auf Patrick Hobsch und Flo Niederlechner. Das konnte nicht gutgehen. Es macht den Anschein, dass Glöckner immer wieder die falsche Taktik wählt und aus seinen Fehlern nicht lernen will. Außerdem wird man das Gefühl nicht los, dass Glöckner Spieler wie Sigurd Haugen, Philipp Maier oder Justin Steinkötter anders behandelt als den Rest.
Die Integration der Top-Stars: An Kevin Volland und Flo Niederlechner läuft immer wieder das Spiel vorbei - nicht selten kommt es vor, dass beide früheren Bundesliga-Cracks kaum Ballkontakte haben. Dabei wäre es Glöckners Aufgabe gewesen, das Spiel auf Volland und Niederlechner auszurichten, um von deren Stärken vor dem Tor zu profitieren.
Verwaltungsmodus statt Aufbruch: Statt Lösungen zu liefern, verweist Glöckner immer wieder auf die hohe Erwartungshaltung bei 1860. Ein Löwen-Trainer muss aber vorangehen, nicht bremsen - nur um sich selbst zu schützen. Schon bei der Unterschrift bei 1860 sollte man wissen, worauf man sich einlässt. Die Löwen sind weiterhin einer der größten deutschen Traditionsvereine, spielen aber nun schon im achten Jahr in der Dritten Liga.
Die Suche nach Alibis: Glöckners Ausflüchte kommen bei den Fans nicht gut an- nach dem 1:2 in Rostock sagte der Trainer beispielsweise: “Vielleicht waren wir von der Kulisse beeindruckt.” Natürlich war’s an der Ostsee laut: Doch wie ist das mit dem Hexenkessel Grünwalder Stadion? Und in Essen (1:1) und Aachen (2:0), die ebenfalls zu den lautesten Arenen zählen, haben die Löwen schließlich auch bestanden.