Neuanfang in Reichweite
- VON OLIVER GRISS
- 15.07.2025 09:15
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VON OLIVER GRISS
Ismaik diente über viele Jahre als Sündenbock - nicht selten, um eigene Schwächen bei Sechzig zu kaschieren: Dem Klub fehlt in den Gremien bis heute die Sportkompetenz. Und der Umgang mit Finanzen war in den letzten 20 Jahren selten eine Stärke. Seit Jahren schreibt der Löwe ein strukturelles Defizit – derzeit zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro jährlich. Auch die Außendarstellung ist nicht so, dass potenzielle Sponsoren in Jubel ausbrechen würden. Kein Wunder, dass die Marke Sechzig durch die letzten wilden acht Jahre stark gelitten hat. Der lähmende Dauerstreit ums Grünwalder Stadion tut sein Übriges.
Immerhin sorgt Geschäftsführer Dr. Christian Werner seit einigen Monaten für frischen Wind. Die Rückholaktionen um Kevin Volland & Florian Niederlechner sowie die klugen Transfers (u.a. Thomas Dähne, Siemen Voet, Sigurd Haugen) haben dem Verein ein völlig neues Gefühl verliehen - und das alles in einem finanziell seriösen Rahmen. Wer glaubt, dass Werner den 6,3-Millionen-Euro-Etat überzogen hat, irrt.
Welche Platzierung trauen Sie 1860 in der Drittliga-Saison 2025/2026?
Umso skurriler, dass der Vertrag von Werner auf Drängen der HAM-Seite ausgerechnet kurz vor dem Ismaik-Abgang um ein Jahr bis 2027 verlängert wurde. Ein letzter Gruß? Werner hat sich nach anfänglichen Fehlgriffen (u.a. Agis Giannikis und Fabian Schubert) zu einem der besten Mitarbeiter der letzten Jahre entwickelt: Die Löwen sind nach dem erfolgreichen Transfersommer Aufstiegskandidat Nummer 1 - bei den Trainern der Dritten Liga und den Buchmachern. Eine solche Ausgangslage hat es in acht Drittliga-Jahren noch nicht gegeben. Wenn 1860 die vorhandene Qualität auf den Platz bekommt, dann könnte dem Traditionsklub, wenn er von Verletzungen und Nebenkriegsschauplätzen verschont bleibt, in einem Jahr der ganze große Wurf gelingen.
Der neue Investor - wer auch immer es ist - bietet eine einmalige Chance für einen Neuanfang bei 1860. Vermutlich wird er weniger geduldig sein als Ismaik in seiner Anfangszeit und früh klarstellen, dass es nur einen Weg gibt: Nach oben. Aber auch der e.V. kann in neuer Formation im Präsidium zeigein, dass ihm der sportliche Erfolg der Profimannschaft tatsächlich am Herzen liegt.
Macht was draus, Löwen!
Oliver Griss (53) schreibt seit 1989 über die Münchner Löwen, darunter auch 12 Jahre zu erfolgreichen Bundesliga-Zeiten für die Abendzeitung. Seit 2011 betreibt der ausgebildete Sportjournalist db24.