VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Den Tag werde ich von meiner Festplatte niemals löschen, den 2. Juni 2017 - jenen schwarzen Freitag, an dem feststand, dass der TSV 1860 einen Jahrhundertabstieg über sich ergehen lassen muss: Von der Zweiten Liga direkt in die Regionalliga Bayern. Erstmals in der Vereinsgeschichte waren die Löwen viertklassig. Es war der Fall in ein tiefes schwarzes Loch. Weil sich Verein und Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik über Tage hinweg nicht auf einen gemeinsamen Kurs verständigen konnten.

Und tatsächlich: Nicht wenige Fans feierten diesen Zwangsabstieg - als eine Art Befreiung. Wovon eigentlich, frage ich mich bis heute. Dass das wahre Unheil über die Löwen hereinbrach, blenden diese Menschen bis heute mutmaßlich ganz geschickt aus. 1860 war fortan abgeschnitten von den großen TV- und Werbe-Einnahmen, ausgelöst auch durch den selbst gewählten Rückzug aus der Arena zurück ins nostalgisch verklärte Grünwalder. Als db24 bereits damals vor der drohenden Verzwergung warnte, wurden wir in den Folge-Jahren immer wieder als Nestbeschmutzer diffamiert - auch von offiziellen Funktionären.

Diese Leute blickten offenbar durch eine romantisierende Löwen-Brille und glaubten, heiliges Land zu betreten auf dem Weg in eine vermeintlich bessere Zukunft. Acht Jahre später ist bei einigen dieser Menschen tatsächlich Ernüchterung und Hilflosigkeit eingekehrt. Einer, der vor einem Jahr nach einer dreckigen Kampagne gegen ihn abgesprungen ist, ist Ex-Vize Hans Sitzberger. Der frühere treue Sponsor bereut es inzwischen zutiefst, dass er sich von seinen Mitstreitern so blenden hat lassen. Aber es ehrt ihn rückblickend, dass er seine Fehler eingesteht - und dass er vor allem auf die Wahrheit pocht. Als zuletzt wieder einmal suggeriert wurde, dass Ismaik die Löwen im Alleingang zum Jahrhundertabstieg geführt haben soll, stellte Sitzberger unlängst gegenüber db24 klar: “Das ist falsch - wir alle saßen in einem Boot. Präsidium, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat und Ismaik.”

Solange genau dies von den heutigen Amtsträgern weiterhin klein gehalten wird und diese nicht wie Männer zu ihren Taten stehen, hat der TSV 1860 keine Chance auf einen Neuanfang. Robert Reisinger, der die letzten acht Jahre wie kein Zweiter prägte, steht vor dem Aus. Ausgerechnet der Verwaltungsrat hat ihm das Vertrauen entzogen. Reisinger wird auf der Mitgliederversammlung am 6. Juli vermutlich durch Gernot Mang abgelöst. Der designierte neue Ober-Löwe hat ab diesem Zeitpunkt eine einmalige Gelegenheit, es besser zu machen als sein Vorgänger und dem Profifußball des TSV 1860 wieder jene Bedeutung zu schenken, die er aufgrund seiner Historie und Erfolge auch verdient hat. Daran werden Mang und sein Team vom ersten Tag an gemessen.