TSV 1860 Bielefeld
- VON OLIVER GRISS
- 24.05.2025 15:22
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VON OLIVER GRISS
Inzwischen hat Bielefeld aber meinen allerhöchsten Respekt verdient: Nicht nur, dass sie bei Trainer Mitch Kniat die richtige Nase hatten (ihn hätte ich mir vor drei Jahren schon gut bei 1860 vorstellen können) - und vor allem auch eine Mannschaft zusammengestellt haben, die für Kniat-Fußball steht und vor allem Aggressivität, Leidenschaft, Laufbereitschaft, Offensivgeist und Risikobereitschaft mitbringt.
Nach der Drittliga-Meisterschaft und der damit verbundenen Zweitliga-Rückkehr greift die Arminia jetzt nach den Sternen - mit dem Auftritt im Pokal-Endspiel heute im Berliner Olympiastadion gegen den VfB Stuttgart. Nur noch einen Sieg ist der Drittliga-Mesitser vom Pott und Europa entfernt. Nein, das ist kein Märchen, sondern kann Samstagnacht Realität werden.
Und das Verrückte an dieser Geschichte: Möglicherweise nehmen dann vier Ex-Löwen die Sieger-Medaille in Empfang: Marius Wörl, Christopher Lannert, Merv Biankadi und Semi Belkahia. Nochmal: VIER!
Insbesondere bei Wörl und Lannert lagen die Löwen mächtig daneben. In der Löwen-Saison 2022/2023 war unübersehbar, dass der damals 18-jährige Wörl ein ganz besonderes Talent ist: Tiefer Schwerpunkt, beweglich, gutes Auge und immer Zug zum Tor. Als dann der damalige Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel Trainer nach dem Köllner-Rauswurf Trainer spielte, wurde Wörl in den vier Spielen unter dem Österreicher kein einziges Mal in den Drittliga-Kader berufen. Und Gorenzel bekam dann wenig später noch präsidiale Unterstützung von Robert Reisinger, der in den Vertragsgesprächen mit dem Jugend-Nationalspieler doch glatt sagte: “Wo kann er denn sonst Stammspieler in der Dritten Liga werden?” Knapp daneben, ist halt auch vorbei. Wörl zog ablösefrei weiter und ist inzwischen Bielefelds Pokal-Held. Heute ist der Oberbayer 21 Jahre alt, Leistungsträger, Pokalheld - und längst bei mehreren Erstligisten im Gespräch.
Am Beispiel Wörl, aber auch am Abgang von Chris Lannert (muss sich Ex-Trainer Maurizio Jacobacci zuschreiben lassen) sieht man, wie die Fehleinschätzungen bei 1860 München den Profifußball nachhaltig geschwächt haben. So ein Spieler wie Wörl fehlt 1860 seit Jahren. Heute würde 1860 für ihn an die Schmerzgrenze gehen. Damals verdiente er rund 350 Euro. Nicht pro Tag, sondern im Monat.
Sollte Wörl heute den DFB-Pokal in den Berliner Nachthimmel heben, dann dürfen sich die Löwen-Fans zumindest ein bisschen wie Pokalsieger fühlen: TSV 1860 Bielefeld? Viel Glück im Spiel des Lebens, Arminia!