Wer seine Helden nicht ehrt...
- VON OLIVER GRISS
- 02.05.2025 08:03
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VON OLIVER GRISS
Zur Trauerfeier in die Giesinger Kirche “St. Helena”, die Löwen-Pfarrer Rainer Maria Schießler herausragend zelebrierte, waren rund 450 Gäste gekommen, aber das amtierende Präsidium um Robert Reisinger glänzte ausgerechnet durch Abwesenheit. Weder wurde dem prägnanten Löwen-Kopf Lorant die verdiente Wertschätzung zuteil, der Generationen begeisterte und den Klub in den 90er Jahren neu belebte, noch richtete die Vereinsspitze ehrvolle Abschiedsworte an die 1860-Gemeinde. Lorants Fleiß und Können brachte den Klub zurück in die Schlagzeilen, zurück in die ARD-Sportschau - und schuf damit die Grundlage, dass die Geschäftsstelle, das Nachwuchsleistungszentrum und das Trainingsgelände bundesliga-tauglich wurden.
Nein, es gibt dazu keine zwei Meinungen: Das Verhalten des Präsidiums ist hochnotpeinlich - und in keiner Weise zu rechtfertigen, auch nicht mit der eigenen Nichtberücksichtigung für eine weitere Amtsperiode. Wer seine Helden nicht entsprechend ehrt, hat den Traditionsverein 1860 München nie verstanden. Männer wie Lorant waren einmalig. Nicht nur für die Löwen, sondern für die gesamte Bundesliga. Lorant war ein Idol - und der wichtigste Mitarbeiter der Fußballabteilung des TSV 1860. Die Nummer mit der KGaA zieht nicht: Diese wurde erst 2002 gegründet, aber da war Lorant schon gefeuert…
Viele Helden von einst waren aufgrund der fehlenden Würdigung seitens des Vereins peinlich berührt. Es war eines der Themen nach der Trauerfeier: “Ja, wo sind sie denn?” Meister-Löwe Fredi Heiß fragte provokant: “Wo ist denn eigentlich jemand, der 1860 repräsentiert?” Ja, Geschäftsführer Dr. Christian Werner und Trainer Patrick Glöckner waren mit einer Traube Spieler (u.a. Jesper Verlaat, Marco Hiller und Patrick Hobsch) gekommen, worauf Heiß aber anspielte, war insbesondere das Fernbleiben von Reisinger. Ex-Trainer Uwe Wolf wurde sehr deutlich: “Dass der Präsident Lorant nicht die letzte Ehre erweist, sagt viel über das Innenleben des TSV 1860 aus. Es gibt zwei ganz Große in diesem Verein: Max Merkel und Werner Lorant. Für mich ist dieses Verhalten zum Schämen, aber wundern tut es mich nicht.”
Reisingers designierter Nachfolger Gernot Mang ist ab dem 6. Juli gefordert, Sechzig eine neue Identität zu verpassen. Denn so wie in den letzten acht Jahren darf es definitiv nicht mehr weitergehen. Dieser Verein braucht wieder Empathie.
Oliver Griss (53) schreibt seit 1989 über die Münchner Löwen, darunter 12 Jahre für die Abendzeitung zu den großen Bundesliga-Zeiten.