VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Der Kampf der bayerischen Fußball-Planeten - die Löwen wollen bis 2029 wieder die Nummer zwei im Freistaat sein. Dazu hatte sich 1860 mit Wiebke Sokolowski eine echte Marketing-Expertin ins Haus geholt, die die Löwen in den letzten Wochen für eine neue Kampagne unterstützt hat.

Sie sagt: „Ich arbeite seit 30 Jahren im Thema Branding, und zwar meistens ganz am strategischen Anfang von Projekten, wenn es darum geht, mit einem Brand Review eine Marke zu verstehen, etwaige Probleme und Potentiale zu identifizieren, und daraus eine zukunftsweisende Strategie und ggf. (Re)positionierung zu entwickeln. Was ich dafür mitbringe, sind außer 30 Jahren Erfahrung vor allem zwei Dinge: Vor meinem Hintergrund in der Strategieberatung sehe ich Marken als einen sehr wichtigen Hebel zur Realisierung unternehmensstrategischer Ziele – weil in dieser DNA die Herkunft von Unternehmen verankert liegt, aber eben auch wertvollstes Potential, um sich in Zukunft erfolgreich weiterzuentwickeln.”

Dass die bayerischen Konkurrenten “gespiegelt” wurden, begründet Sokolowski so: „Zu zukunftsführender Arbeit gehört auch, sich die heutige Marke im Kontext ihrer Mitbewerber anzuschauen. Ein Kreativspiel, was ich dafür besonders mag, ist der Kampf der Planeten, bei dem man sich vorstellt, man müsste einem Außerirdischen die verschiedenen Wettbewerber als Planeten schildern mit Bewohnern, Häusern, Art der Autos, Hobbys und einem Lebensmotto. Hierbei werden Marken sehr gut sichtbar – wobei dies natürlich auf sehr plakative Art und Weise geschieht, das ist der Sinn des Spiels und bedarf einer nachfolgenden Einordnung durch mich als Expertin. Um nicht nur das Ist, sondern auch das Ideal zu erarbeiten, wird ein Wunschplanet erstellt. Danach kommt es dann zu einem spielerischen Kampf der Planeten, in dem betrachtet wird, wer ohne Beeinflussung des Spiels gewinnen würde. Und in einem zweiten Schritt erarbeitet man dann, wie die eigene Marke nach vorne kommen könnte. Diese Methode setze ich seit Jahrzehnten oft und gerne ein, weil sie einen hervorragenden Brückenschlag von Herkunft nach Zukunft bietet.“

Und Sokolowski kommt auch auf die Powerpoint-Panne zu sprechen, als am Dienstag die Folie durchgerutscht ist, die Bayern, Augsburg, Nürnberg & Co. wenig charmant beschreiben: “Eigentlich sollte nur der 1860-Planet wie er heute ist und wie wir ihn uns als Leitstern in fünf Jahren wünschen gezeigt werden – und nicht der 1860-Planet im Rahmen der anderen Vereine. Weil eine Betrachtung im Mitbewerberkosmos zwar spannend ist und dazugehört, es aber den Löwen natürlich eigentlich nicht zusteht und es nicht zu ihnen passt, öffentlich über die Mitbewerber zu sprechen. Leider ist dennoch für zwei Sekunden das Vorslide hineingerutscht. Daher möchte ich das an dieser Stelle methodisch aus Expertensicht einordnen.”

Sie wird konkreter: “Es handelt sich hier um keine strategische Wettbewerberanalyse sondern um einen Mitbewerberkosmos, der im Rahmen einer Kreativmethode erstellt wurde. Dass es nicht Ziel der Löwen war, sich besser darzustellen als andere, sieht man ja schon im Planetenvergleich. Weder werden andere deutlich diskreditiert, noch stehen die Löwen im Selbstbild besonders gut da. Ich weiß noch, wie ich im Workshop gesagt habe angesichts des Löwenplaneten: ‘Leute, vergesst nicht, dass ihr gleich im Kampf der Planeten noch gewinnen wollt.’ Ich halte den Löwen-Planeten im Ist für sehr Down-to-Earth und eher für Unter-Wert-verkauft als für hochgejubelt.”

Und: “Dass die Kreativmethode dazu angetan ist, tatsächlich Emotionen zu enthüllen, und dass die Löwen eine klare Love Brand sind, die große Emotionen triggert, sehen wir an dem Fakt, dass dieses Slide – obgleich nur 2 Sekunden gezeigt – viral geht. Wenn hier nicht in spannender Weise Dinge benannt würden, wäre das ein langweiliges Slide gewesen, was sich versendet hätte.
Als es auf X geteilt wurde, hat diese Folie Widerhall ausgelöst zwischen Torjubel und Rudelschimpfe. Aber beweist nicht die Tatsache, dass es viral geht, irgendwo auch, welche Schubkraft die Löwen als Münchens große Liebe eigentlich haben?”