VON OLIVER GRISS

Bevor 1860-Geschäftsführer Oliver Mueller an der Seite von Trainer Agis Giannikis beim Löwen-Stammtisch am Donnerstagabend im Landtag loslegte, verteilte der 46-jährige gebürtige Schwarzwälder in der Pfälzer Stube auf den Tischen kleine Mitbringsel, zwei Dutzend Lilliput-Wörterbücher für Badisch. „Ich habe als kleine Aufmerksamkeit ein Wörterbuch von Langenscheidt mitgebracht", grinste der Pfeifer-Nachfolger: "Ich möchte damit signalisieren, was wir bei 1860 für eine Erwartungshaltung haben. Wir wollen mit allen ins Gespräch kommen. Nicht nur mit der Politik. Und wenn man Oliver Mueller vom Dialekt her nicht versteht, dann kann man gerne zugreifen...“ Eine nette (kreative) Idee in jedem Fall.

Die Sprechzeit mit den Politikern, darunter auch Kurzzeit-Präsident Hep Monatzeder, war auf 60 Minuten festgelegt, weil die Löwen-Delegation weiter zur 125-Jahr-Feier der Fußball-Abteilung ans Trainingsgelände ziehen wollte, wo u.a. Werner Lorant als Cheftrainer in die Jahrhundert-Elf gewählt worden ist.

Eines der Hauptthemen war neben der sportlichen Ausrichtung (Agis Giannikis: „Wir wollen nächstes Jahr eine bessere Saison spielen und mutig sein“), Kaderplanung („Der Kader wird kleiner sein! Wir sind handlungsfähig!”) das leidige Thema, die Stadion-Frage. „Ich war selbst schon fünfmal bei der Stadt“, erklärte Mueller: „Das soll auch die Ernsthaftigkeit unterstreichen, mit der wir das Thema angehen. Was ich in der Bestandsaufnahme vermisst habe, war eine tatsächliche Bewertung der Erlösströme.“ Mueller bedauert: „Wir haben keine Catering-Einnahmen, wir haben keine Logen, wir haben keine Hospitality und wir haben auch keine Namensrechte am Stadion.“

Mueller verrät: „Am Anfang ist mir eine gewisse Reserviertheit entgegen geschlagen. Ich bin aber sehr überzeugt, dass diese Reserviertheit in den letzten Wochen gewichen ist. Dass wir als 1860 München wieder offene Türen haben. Dass wir im Aufzeigen von Ideen auch ein gewisses Vertrauen bekommen, Wege gehen zu können. Am Ende des Tages machen wir es nicht alleine. Es wird eine Koproduktion sein müssen, egal was passiert. Wie dies aussieht, kann ich einem Gutachten nicht vorgreifen.” Mueller will ein Institut beauftragen, das eine Gesamtanalyse der Stadion-Komplexität angeht. Er sagt aber schon jetzt: “Grünwalder Stadion ist gerade noch so zweitliga-tauglich, wenn man einen klaren Plan hat und einen Weg aufzeigen kann, wie man aus der Situation rauskommt…”

Und wie war das mit den großspurigen Plänen bis 2029, hinter dem FC Bayern wieder als Nummer 2 in Bayern einzulaufen? Mueller: “Das war keine Ankündigung, sondern die Formulierung einer Vision. Die Vision besteht dann aus mehreren Zielschritten - und dann werden Ziele erreicht, durchs Machen!”

Gab’s unfreundliche Reaktionen? Mueller: “Aus Augsburg hat mich noch niemand angerufen. Ich habe aber gestern auf der Roadshow einen Kunden aus Augsburg besucht und ein sehr lustiges Foto mit ihm gemacht. Und sein ganzer Fuhrpark hat ein Augsburger Kennzeichen- mit hinterdran 1860. Das war lustig.”

Mueller hat keine Lust auf sportliche Stagnation bei den Löwen: “Wenn wir stehen bleiben, werden wir jedes Jahr links oder rechts überholt.“ Und genau das will er verhindern, sonst heißen die direkten Kontrahenten bald Vilzing oder Illertissen.