VON OLIVER GRISS UND IMAGO (FOTO)

Die Ziele als derzeitige Nummer 8 im Freistaat sind wahrlich ambitioniert und unter aktuellen finanziellen und infrastrukturellen Voraussetzungen eigentlich nicht umzusetzen: Bis 2029 will der TSV 1860 mit einem neu aufgelegten Fünf-Jahres-Plan wieder die Nummer 2 in Bayern werden (db24 berichtete bereits am Montag) - und sich u.a. vor den FC Augsburg, Nürnberg oder Greuther Fürth schieben.

Wie das allerdings ohne Investitionen und Stadion-Neubau/oder sofortigen Umbaus des Grünwalder Stadions funktionieren soll, das ließen Oliver Mueller und Dr. Christian Werner auf der Fan-Präsentation “Der neue Biss der Löwen” am Dienstagabend in der VIP-Alm an der Grünwalder Straße 114 mehr oder weniger offen. Große Sprüche, wenig Substanz? Die “BILD”-Zeitung titelt schon: “1860 will Bayern-Jäger werden!”

Der neue Biss des Löwen: Welche Note geben Sie der Präsentation der beiden Geschäftsführer Oliver Mueller und Dr. Christian Werner?

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Was Mueller aber erklärt hat und das ehrt ihn, dass unwiderruflich ein strategisches Umdenken beim Altmeister von 1966 stattfinden müsse. Die Präsentation habe die Geschäftsführung erst den Gremien, dann den Mitarbeitern vorgestellt: Die Löwen stehen vor einem einschneidenden Sparkurs. “Man muss ehrlich eine Bestandaufnahme machen, auch wenn es weh tut”, sagte Mueller und ergänzte: “Wenn wir nicht wissen, wo es weh tut, können wir auch kein Pflaster beziehungsweise auch keine Operation ansetzen. Das sind die Realitäten in der Dritten Liga. Das ist die Wahrheit - so steht 1860 München da!…Wir haben eine Riesenwunde am Unterarm und gehen ins Krankenhaus. Und wir lassen diese Verletzung von einem fähigen Arzt behandeln.”

Ist der behandelnde Chefarzt Doktor Müller selbst? Der frühere Eishockey-Manager: “Wir müssen die Erlössituation signifikant verbessern - und die Aufwandsseite in den Griff bekommen. Ansonsten funktioniert unsere Firma, unser Klub nicht mehr.”

Heißt das im Umkehrschluss, dass 1860 in den letzten sieben Jahren unter den vom e.V. eingesetzten Geschäftsführern nicht entscheidend voran gekommen ist und alles auf Zufall und Ismaiks Hilfe ausgelegt war? Muellers Aussagen lassen jedenfalls deutlich Raum für Spekulationen. Während 1860 als Zugpferd bei den Gesamterlösen im Liga-Vergleich nur Platz 6 einnimmt, liegt der Altmeister von 1966 bei den Gesamt-Aufwendungen auf Position 5. In der Reisekosten-Tabelle ist 1860 sogar Zweiter, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass keine Mannschaft südlicher liegt als 1860 und Haching.

Mueller weiter: “Wir befinden uns tatsächlich in einer Strategiekrise - ausgelöst durch eine Identitäts- und Führungskrise. Die müssen wir sofort bekämpfen. Wenn wir das nicht tun - und das sind wir noch nicht: Aber dann geraten wir in eine Ertragskrise. Wenn wir da drinstecken, haben wir mit dem Apparat, den wir auf der Aufwandsseite mitschleppen, ein Riesenproblem und sind dann ganz schnell in einer finanziellen Krise, nämlich in einer Liquiditätskrise. Und dann ist dieser Spielbetrieb beendet. Deswegen müssen wir schnell und sofort handeln, und in einer konsequenten und stringenten Restruktierung die Ertrags- und Aufwandlage verbessern.”

Wie das funktionieren soll? 1860 will künftig nicht mehr mit dem Learjet fliegen, auf exotische Trainingslager im Ausland verzichten, eine Kaderreduktion vornehmen und auch an den Geldbeutel der Sitzplatz-Kunden im Grünwalder Stadion. Gehts’auch ans Personal in der Verwaltung? Die Dauerkarten-Preise soll für diesen Bereich moderat erhöht werden, während der Stehplatz verschont werden soll. An dem jährlichen Mietzins für die Kultstätte (rund 1,6 Millionen Euro) wird sich voraussichtlich wenig verändern können.

Was Mueller bei seinem fast einstündigen Vortrag vergessen hat: Auch die Ultras können mithelfen, dass mehr Geld in der Kasse bleibt. In dieser Saison hat man bereits knapp 100.000 Euro an Strafzahlungen verbrannt.