VON OLIVER GRISS

Als db24 vor mehr als sechs Jahren das Löwen-Umfeld mit dem Auszug aus der Allianz Arena, der Glorifizierung des altehrwürdigen Grünwalder Stadions mit dem Kneipen-Tourismus und dem bewussten Kleinmachen der deutschen Fußballmarke TSV 1860 vor einer gefährlichen Verzwergung warnte, wurde unser Portal von Aktivisten des Giesinger Staats als Nestbeschmutzer gebrandmarkt. Es wurde eine heile Löwen-Traumwelt eingetrichtert ("Jetzt können wir alles alleine finanzieren"), die es aber zu keinem Zeitpunkt gab. Auch viele Sponsoren ließen sich blenden von einer künstlich erzeugten Atmosphäre. Selbst Hauptsponsor "Die Bayerische" verschloss in der Hoffnung, dass alles besser werden könnte, die Augen.

Die Löwen stiegen zwar sofort in die Dritte Liga auf - und dort gehören sie inzwischen neben Halle zum Ladenhüter. Gut aber, dass das Internet nicht vergisst - 2018 nach der sofortigen Rückkehr in den Profifußball schrieb db24: “Dass die Löwen nur ein Jahr nach dem Jahrhundert-Knall in Giesing so schnell in die Dritte Liga zurückgekehrt sind, gleicht einem Wunder - und sollte nach der Verzwergung des Löwen die Politik im Verein so weitergefahren werden, können auf längere Sicht keine höheren Ansprüche gestellt werden. Weil die Einnahmenseite - auch wegen des Grünwalders - überschaubar ist, fehlt es auch an den Visionen, die eigentlich für die Fußballmarke 1860 notwendig wären, um die Pleite-Liga so schnell wie möglich in höhere Sphären wieder zu verlassen.”

Ja,ja, die Visionen - bis heute hat es der Mutterverein nicht geschafft, dem Klub eine passende DNA zu verpassen. Nein, die DNA kann nicht “Giasing, Oida” oder “Wir sind der Verein” lauten: Eine Fußballmarke muss wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden: Seriös, attraktiv, nachhaltig und zukunftsträchtig. In den letzten Monaten war deutlich für Jedermann zu sehen, dass diese Unruhe sogar bewusst forciert wird - aber um was genau zu bewirken? Um von den eigenen Schwächen und dem Unvermögen abzulenken? Sieht fast danach aus. Die Bilanz nach 6,5 Jahren kann man nicht wegwischen: Sie ist erschreckend und beängstigend. Alarmierend. Und nein, nicht die anderen sind schuld. Der unvergessene Karl-Heinz Wildmoser führte den Klub gemeinsam mit Werner Lorant innerhalb von vier Jahren von der Bayernliga bis in den Europapokal.

Der aktuelle Löwen-Kurs ist endgültig gescheitert. Ein Verein, der sich in den eigenen Gremien uneins ist, dem die positive Entwicklung des Profisports offenbar gleichgültig ist - und der Geschäftsführer Marc Pfeifer, der die Sponsoren-Einnahmen innerhalb von 3,5 Jahren verdoppelt hat, an die Wand drückt und öffentlich demontiert, dem ist das Vertrauen zu entziehen. Bei 1860 zählt nicht das Leistungsprinzip, sondern geht es ausschließlich um verletzte Eitelkeiten - aber das ist typisch für die Giesinger Stadtteil-Könige. Sie stossen an ihre Grenzen.

Merkt für alle Zeit: 1860 ist nicht Giesing, sondern München. 1860 ist in München Kult und in Bayern immer noch ein Zuschauermagnet. Nicht wegen eines Stadions, sondern aufgrund seiner faszinierenden Geschichte. Wer das nicht versteht, gemeinschaftliches positives Handeln und offene Kommunikation ein Fremdwort ist, dem ist Sechzig ein paar Nummern zu groß.

Dass 18 Löwen-Sponsoren lange geschwiegen haben, sich aber nun mit Hilfe eines Brandbriefes bemerkbar machen, ist nicht nur ihre beste Entscheidung der letzten Jahre, sondern vor allem ein letzter Hilferuf - von Menschen und Fans, die das Herz nicht nur am rechten Fleck haben, sondern auch ihr wohlverdientes Geld nicht länger in ein Fußball-Unternehmen stecken wollen, das nicht auf Erfolg und Gemeinsamkeit ausgerichtet ist. Wer will schon gern seinen Namen in Verbindung mit Neid, Missgunst und Chaos sehen? Die Frage ist nur: Versteht jeder 1860-Funktionär die Intention dieser Botschaft?