VON OLIVER GRISS

Der TSV 1860 beendet das Jahr 2022 mit einem enttäuschenden 1:1 gegen Essen auf Platz 6 - und die Zweifel, ob Michael Köllner das Ding noch wuppen kann, werden größer - und vor allem: Hat der Cheftrainer aufgrund der fehlenden Ergebnisse noch die Rückendeckung im Verein? Er selbst glaubt daran, versicherte Köllner am Montagabend nach der Punkteteilung. Es rumort gewaltig an der Grünwalder Straße 114, die Mannschaft steht aber nach db24-Informationen zu 100 Prozent zum Trainer.

Nein, das Engagement konnte man den Löwen am Montagabend auf Giesings Höhen nicht abstreiten, doch die Unsicherheit im Team war bis auf den letzten Platz auf der Haupttribüne spürbar. Dass die beiden Jüngsten Leandro Morgalla (trotz Stellungsfehler beim 1:1) und Marius Wörl die besten Löwen auf dem Platz waren, spricht momentan nicht für ausgeprägte Charakterstärke und Stressresistenz im Kader.

Wieder fällt den Löwen eine gravierende Fehleinschätzung auf die Füße: Nach dem Mittelfußbruch von Angreifer Marcel Bär im Juli glaubte die sportliche Kommandobrücke - und dazu zählt auch Geschäftsführer Günther Gorenzel -, das Fehlen des amtierenden Drittliga-Torschützenkönigs intern auffangen zu können. Dass solche Verletzungen in der Regel sechs Monate nach sich ziehen, bis der Spieler wieder bei 100 Prozent ist, war den Verantwortlichen offenbar nicht bewusst. Die Warnungen im Umfeld ignonierten die Löwen - weil auch Fußball-Kompetenz in den Gremien fehlt? Mit Bär und dem in dieser Saison ebenfalls häufig verletzten Kapitän Stefan Lex fehlen 1860 mal eben 52 Scorerpunkte aus der Vorsaison. Es ist bezeichnend, dass Lex trotz seiner eher geringen Einsatzzeiten auch in dieser Spielzeit bereits wieder bei acht Scorerpunkten steht - ein Tor und sieben Assists. Zwei Leute dieser Klasse in der Dritten Liga zu ersetzen, würde jedem Team in der Dritten Liga schwerfallen. Dennoch verzichtete Sechzig darauf, nochmals Ersatz zu verpflichten. Ein Schuss, der nach hinten losging.

Als Sechster in die Winterpause: Kann 1860 mit Michael Köllner den Aufstieg schaffen?

Umfrage endete am 28.11.2022 21:00 Uhr
Ja!
54% (5485)
Nein!
46% (4666)

Teilnehmer: 10151

Es war übrigens nicht das erste Mal, dass falsche Bewertungen des Löwen-Kaders zum Nichterfolg führten: In den beiden Vorsaisons schloß 1860 jeweils mit Platz vier ab - weil der Etat von jeweils über fünf Millionen Euro nicht in die Breite investiert wurde, sondern vor allem in vermeintliche Unterschiedsspieler. In dieser Saison verfügt man zwar über einen XXL-Kader, aber Köllner hat es nicht geschafft (auch aufgrund von diversen Verletzungen) über die letzten Monate eine Stamm-Mannschaft aufzubauen. Zu oft wechselte der Oberpfälzer durch. Vor dem Essen-Spiel strich er Martin Kobylanski und Jo Boyamba völlig überraschend aus dem Kader. Beide sollten bei 1860 eigentlich zu Schlüsselspieler aufsteigen. Während Kobylanski bis heute nicht austrainiert wirkt, ist Boyamba das große Fragenzeichen. Er ruft nur phasenweise sein großes Talent ab. Dafür ist auch der Trainer zuständig.

Löwen, und jetzt?

Die Bosse des TSV 1860 werden jetzt die Köpfe zusammenstecken und sich beraten müssen, was getan werden muss, um das Saisonziel im neuen Jahr nicht aus den Augen zu verlieren. Noch ist der Rückstand auf Platz zwei mit drei Punkten minimal.