VON OLIVER GRISS

Wenn’s ums Grünwalder Stadion geht, dann schlägt bei manchen Menschen der Puls deutlich höher und dann wird vor lauter Stadion-Verehrung gern mal die Faktenlage ausgeblendet, dass die Giesinger Kultstätte für den TSV 1860 zwar die Heimat, aber eben auch leider ein Verlustgeschäft ist und dem Verein jede wirtschaftliche Entwicklung nimmt. Als Münchens OB Dieter Reiter am vergangenen Dienstag auf der Löwen-Wiesn im “Himmel der Bayern” vor mehreren Reportern erklärte, dass die Sechzger im Falle des Zweitliga-Aufstiegs bei ihm für die Rückkehr ins Olympiastadion die “Drehtür einrennen” würden, konterte AZ-Lokalchef Felix Müller in seinem Blatt wenige Stunden später, dass dieser OB-Vorschlag keine “ernsthafte Option” sei und das ehemalige WM-Stadion sowieso nur Platz für 35.000 Fans hätte. Da mussten viele Löwen-Fans herzlich schmunzeln. Weiß die AZ mehr als der OB selbst?

Diese Müller-Logik ist nicht leicht zu verstehen, denn selbst im Vergleich zum heißgeliebten Grünwalder wäre dies mit dieser Zahlenvariante ein Fan-Upgrade um als mehr das Doppelte. Außerdem hätte man mit einem Schachzug die Parkplatz-Problematik, die VIP-Plätze-Diskussion und auch die weitaus bessere Vermarktungsmöglichkeit geklärt. Als Müller-Zugabe gab es dann in der vergangenen Woche noch ein lesenswertes Interview mit Verena Dietl, der 3. Bürgermeisterin der Stadt München: Während ihr Chef OB Reiter u.a. vom Olympiastadion sprach, macht die frühere e.V.-Verwaltungsrätin einmal mehr den Löwen das Grünwalder Stadion schmackhaft, wohlwissend, dass rund 80 Millionen Euro Steuergelder für dieses Projekt draufgehen sollen, ohne dass im Gegenzug die Bundesliga-Spielberechtigung für den TSV gesichert ist.

Zum besseren Verständnis: Steigt der aktuelle Drittligist 1860 sportlich jemals wieder in die Bundesliga auf, müsste der dann dafür zuständige Präsident den Fans im Jubel erklären: “Geht nicht! Wir haben kein Stadion für die Erste Liga!” Und dass es im Fußball immer mal wieder sehr schnell gehen kann, hat man am Beispiel Paderborn vor einigen Jahren gesehen. Weitblick funktioniert definitiv anders, auch im Sinne der Steuerzahler - und das sind schließlich wir Münchner.

Soll 1860 dem Umbau des Grünwalder Stadions zustimmen, obwohl die Kultstätte niemals bundesliga-tauglich sein wird?

Umfrage endete am 05.10.2022 20:00 Uhr
Nein!
84% (7885)
Ja!
16% (1518)

Teilnehmer: 9403

Jetzt aber kommen wir zur eigentlichen Intention dieses Textes: Ein Dichter aus Reihen der Fanszene, der auch Michael Köllner seit Sommer bestens bekannt ist (dem Trainer wurde vorgeworfen, er dürfe Anthony Power für seine Arbeit bei den Spielertransfers nicht loben), hatte über seinen Kanal “sechzger.de” in einem Erlebnis-Aufsatz nicht nur OB Dieter Reiter in ein schlechtes Licht gestellt, sondern auch freche Unwahrheiten zu meiner Person behauptet: Ein Blogger habe dies und das auf dem Wiesn-Termin der Löwen gemacht.

Hiermit stelle ich fest, dass ich weder OB Dieter Reiter Worte in den Mund diktiert habe, noch vom TSV 1860 bevorzugt wurde und länger als alle anderen Medienvertreter bei diesem Mannschaftsabend bleiben durfte. Richtig ist, dass beim Gespräch mit Münchens Stadtoberhaupt Reiter alle relevanten 1860-Reporter, die seit Jahren tagtäglich über den Drittligisten berichten, dabei waren.

Die Quintessenz aus diesem spannenden Interview: Der SPD-Politiker will den Löwen helfen - und brachte mehrere Vorschläge an. Dabei wurde für den Aufstiegsfall nicht nur über eine mögliche Rückkehr ins Olympiastadion, sondern auch über freistehende Grundstücke für einen Stadion-Neubau innerhalb der Stadtgrenzen gesprochen. Reiter wünsche sich aber, dass die Löwen endlich mit einer Stimme sprechen. Nach all den Jahren des Stillstands sollte man diese faire Chance endlich beim Schopfe packen.

Aber zurück zu den dreisten Vorwürfen aus einer Ecke. Dass db24 regelmässig von dieser Fanseite “promotet” wird, ist das eine, dass aber immer wieder Lügen den Fans aufgetischt werden, um Stimmung gegen db24 zu machen, ist hinterhältiges Giesinger Geschwätz. Kleiner Rat: Vielleicht sollte man in Zukunft seine Quellen besser checken. Inzwischen hat ein Fan-Blogger aus diesem elitären Kreis, der nebenbei in der Stadion-Initiative “Sechzig im Sechzger” mitwirkt, im Kommentarbereich dieser Seite das Foulspiel entschuldigt: “Die Behauptung, dass der Blogger länger auf dieser privaten Veranstaltung anwesend war, als andere reguläre Medien, ist falsch und wurde inzwischen aus dem Kommentar entfernt. Hier waren wir - mangels eigener Einladung zur Veranstaltung und fehlender eigener Anwesenheit - leider einer Fehlinformation aufgesessen, was wir auf diesem Weg entschuldigen.” Dass diese Entschuldigung nur versteckt im Kommentarbereich auftaucht und nicht direkt ausgesprochen worden ist, ist typisch für das Gebaren.

Oliver Griss (50) berichtet seit 1989 über die Löwen - und hat in dieser Zeit den Aufstieg von der Bayernliga bis in die Champions League-Qualifikation und den Weg zurück hautnah mitgemacht. In dieser Phase war er u.a von 1999 bis 2010 Löwen-Reporter für die alte “Abendzeitung”. Seit 2011 betreibt Griss, der ausgebildeter Redakteur ist, das Onlinemagazin db24.