VON OLIVER GRISS UND BERND FEIL (FOTO)

Für diejenigen, die ihn nicht mehr kennen: Werner Lorant (73) ist der erfolgreichste Löwen-Trainer der letzten 50 Jahre beim TSV 1860. Unter ihm marschierte der Klub von der Bayernliga bis in den Europapokal. Im Oktober 2001 musste er nach einem 1:5 gegen Bayern I gehen. Heute lebt der Kult-Löwe zurückgezogen in Waging am See im Landkreis Traunstein und verbringt dort seinen Lebensabend. Das db24-Interview:

db24: Servus, Herr Lorant: Wie geht’s Ihnen in diesen schwierigen Zeiten?

WERNER LORANT: Alles gut, ich war gerade mit meinem Hund am See spazieren - und ein Weißbier hat’s hinterher auch gegeben (lacht).

db24: Und Corona?

Ich habe mich noch nicht infiziert und das wird auch so bleiben. Ich bin ein Naturbursche.

db24: Wir müssen aber jetzt über Ihren Verein reden!

Ach, hören Sie mir auf! Wenn ich mir die Tabelle anschaue, dann muss ich mich richtig ärgern. Wie wollen die neue Fans gewinnen? Es kann nicht sein, dass ein Verein wie 1860 auf Platz 10 in der Dritten Liga rumstolpert. Haben die alle keine Ansprüche, keine Ziele? Zehnter, Sechster oder Achter - das ist nix für Sechzig München. 1860 muss in dieser Kracherlliga auf Platz 1 oder 2 stehen. Es zählt nur der Aufstieg - und sonst nix! Wer das nicht schafft, hat leider das Ziel verfehlt.

db24: Wie ändern?

Die Verantwortlichen doktern jetzt wie lange rum? Vier, fünf Jahre? Du brauchst einen vernünftigen Trainer und auch das Spielermaterial - und kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass kein Geld da ist. Mit dem Etat von fünf Millionen Euro kannst du schon was anfangen, man muss das Geld nur richtig einsetzen. Und wenn noch etwas fehlt, dann muss ich betteln gehen, Klinken putzen. Alle!

db24: Trainer Michael Köllner hat aber durchaus Erfahrung. Er ist mit dem 1. FC Nürnberg vor einigen Jahren in die Bundesliga aufgestiegen…

Ja, und? Und wer ist überhaupt Nürnberg? Die haben wir früher immer weggeschossen. Da können Sie nachschauen! 1860 braucht einen harten Trainer, der auch hart zu sich selbst ist. Mich stört auch, dass der Trainer nach entäuschenden Niederlagen immer neue Ausreden und Ausflüchte sucht und dann zur Krönung auch frei gibt. Und das hat nichts mit der neuen Trainingslehre zu tun. Wer keine Leistung bringt, hat auch keinen Anspruch auf Freizeit. Das sage ich ganz deutlich. Man muss Spieler auch erziehen. Das ist wie in der Schule. Was sollen denn die Fans denken, die acht Stunden am Tag buckeln und völlig erschöpft am Abend ins Bett fallen. Es ist ein Privileg, Profifußballer zu sein. Dafür muss man auch alles tun.

db24: Sprechen Sie den Löwen die Qualität ab?

Sie werden das jetzt nicht gerne hören. Aber sagen Sie mir einen Spieler von 1860, der das Zeug hat fehlerfrei in der Zweiten Liga zu laufen und sofort Stammspieler in einem anderen Verein ist?

d24: Keine einfache Geschichte…

Sehen Sie! Bei 1860 ist alles auf Zufall aufgebaut. Ich sehe in dieser Mannschaft keinen überdurchschnittlichen Mittelfeldspieler und auch keinen Stürmer - und wenn du das nicht hast, wird es schwierig. Für mich ist das alles Flickschusterei ohne Plan. Die sagen sich vermutlich: Wir haben unsere Jobs - und was will dieser Lorant überhaupt? Aber dass der Verein immer mehr an Glanz verliert, juckt anscheinend keinen. Früher war München die Fußball-Haupstadt: Auf der einen Seite die Roten, auf der anderen Seite die Blauen. Die einen spielen Champions League, die anderen um die goldene Ananas in der Dritten Liga. Ich habe allergrößte Bedenken, dass ich 1860 noch einmal höherklassig sehe. Alles andere wäre Träumerei.