VON OLIVER GRISS UND NOAH WEDEL (IMAGO)

Am Montagabend soll’s in der Personalie Günther Gorenzel an der Grünwalder Straße 114 zum Kurswechsel gekommen sein. Das berichtete zunächst der “Münchner Merkur”. Die anderen Blätter zogen dann nach: Offenbar hat man sich im 1860-Beirat nun doch darauf geeinigt, dass der 50-jährige Österreicher den Löwen als Sport-Geschäftsführer über den Sommer 2022 erhalten bleiben soll - und das obwohl diese Saison mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auch wieder nicht im Aufstieg in die Zweite Liga münden wird. Nach Abschluß der Vorrunde steht 1860 auf Platz 10 und bleibt damit deutlich hinter den Erwartungen - was auch auf den nicht unbedingt ausgewogenen Kader zurückzuführen ist.

Bis zum 31. Dezember müsste 1860 den Vertrag von Gorenzel kündigen. Wird man nicht aktiv, verlängert sich der Kontrakt automatisch. Wie kam’s in der Akte Gorenzel zum Sinneswandel bei den Bossen? War’s der saubere Auftritt bei der Bundesliga-Reserve von Borussia Dortmund mit drei Punkten am Ende? Ist es die Kontinuität, die die Löwen reizt - oder die fehlende Sport-Expertise in den Gremien?

Fakt ist: Weder im Aufsichtsrat noch im Beirat haben die beiden Gesellschafter Mitglieder, die aus dem Sport kommen und die sportliche Situation realistisch einschätzen und auch die Arbeit von Gorenzel bewerten können. Für Gorenzel sprechen seine rhetorischen Fähigkeiten, die Trainerwahl auf Michael Köllner und die Qualifikation der Mannschaft für das Pokal-Achtelfinale gegen Karlsruhe - gegen den Fußballlehrer, dass neben den fehlenden sportlichen Ergebnissen in der Dritten Liga und einigen Fehlgriffen bei der Transferpolitik keine großen Werte im Kader geschaffen werden konnten, die Hoffnung auf Ablösesummen machen könnten. Mit Dennis Dressel wird wohl das nächste Talent im Sommer 2022 ablösefrei gehen. Außerdem sind viele Leistungsträger noch ohne neuen Vertrag, u.a. Torwart Marco Hiller.

Sollte der Klub die Gorenzel-Entscheidung demnächst offiziell bestätigen, wird vor allem die Frage spannend, wie der TSV 1860 ein ähnliches Budget wie in den letzten beiden Jahren (jeweils rund 5 Millionen Euro) stemmen will. Hauptsponsor “Die Bayerische” will zwar bleiben, aber angeblich nicht mehr für rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Deswegen wird für die Löwen das Pokalspiel gegen Karlsruhe von entscheidender Bedeutung sein. Ein Sieg über den Zweitligisten könnte die finanziellen Probleme lindern.